Kriege und Drachen 2 Die Escadrille Lafayette

Immer wenn Krieg ausbricht, erwachen Drachen und erwählen menschliche Helden oder verdammen sie.  Der 12-jährige Frank Luke verliert alles bei einem Drachenangriff und schwört, einen Drachen abzuschießen. Jahre später schließt er sich der legendären Fliegerstaffel Escadrille Lafayette im Ersten Weltkrieg an.

Drachen, Dogfights und ein Junge mit Rache im Blick

Kriege und Drachen 2 wirft uns kopfüber in eine Welt, in der Geschichte anders geschrieben wird nämlich mit Flügeln und Maschinengewehren. Die Grundidee: Immer wenn ein großer Krieg tobt, kehren auch die Drachen zurück. Und mit ihnen Menschen, die zu Helden oder Monstern werden. In diesem zweiten Band geht’s um den jungen Frank Luke, der im Ersten Weltkrieg mit einem persönlichen Ziel antritt: einen Drachen aus dem Himmel zu holen. Klingt nach pulpiger Fantasy? Vielleicht. Aber was Jean-Luc Istin und Nicolas Jarry hier abliefern, ist mehr als nur ein spekulativer Abklatsch.

Frank Luke, vom Kind zur lebenden Legende

Der Protagonist Frank Luke ist keine einfache Figur. Als Kind traumatisiert durch den Tod seines Vaters, wächst er mit einer Mischung aus Zorn, Ehrgeiz und Verlorenheit auf. Zugleich bekommen wir hier auf den ersten Seiten geliefert, wie ein Drache ihr Leben zerstört und wodurch seine Einstellung erst in ihn reift. Was ihn so interessant macht, ist nicht seine übernatürliche Begabung oder sein Heldenmut, sondern sein innerer Konflikt und seine Impulsivität. Er kämpft nicht nur gegen Drachen, sondern auch gegen sich selbst gegen Zweifel und Rachegelüste. Dieser emotionale Kern verleiht dem Comic eine Tiefe, die man bei solchen Stoffen nicht immer erwartet.

Die Escadrille Lafayette, Brüder im Himmel

Sobald Frank der legendären Escadrille Lafayette beitritt, nimmt die Geschichte richtig Fahrt auf. Die Fliegerstaffel aus amerikanischen Freiwilligen in französischen Diensten ist historisch real und wird hier mit einem Drachen-Twist zu einer Art Top Gun trifft Fantasy. Die Kameradschaft, wird lebendig und glaubwürdig eingefangen. Man spürt die Enge des Cockpits, das Rattern der MGs, den Gestank von Öl und Angst. Die Figuren  bleiben zwar weitestgehend blass, wachsen einem aber doch schon etwas ans Herz.

Drachen über den Schützengräben

Das eigentliche Highlight dieses Comics sind natürlich die Drachen. Keine sanften Fabelwesen, sondern brutale Kriegsgeschöpfe, gegen die selbst die modernsten (für 1918) Maschinen kaum eine Chance haben. Besonders gelungen: Die Drachen sind nicht bloß coole Monster, sondern wirken fast wie Naturgewalten – uralt, klug und tödlich. Die Luftkämpfe zwischen Doppeldeckern und dem  Ungeheuer sind sehenswert inszeniert und erinnern an eine Mischung aus Game of Thrones und Der Rote Baron.

Alternate History, aber bitte mit Stil

Was Kriege und Drachen aus der Masse hervorhebt, ist die durchdachte Verflechtung von tatsächlicher Geschichte mit Fantasy-Elementen. Die Autoren betreiben keine billige Effekthascherei, sondern fragen ernsthaft: Was würde es bedeuten, wenn Drachen wirklich Teil der Weltgeschichte wären? Der Erste Weltkrieg als Kulisse ist klug gewählt eine Zeit, in der Technologie und Mythos aufeinanderprallen. Der Comic nutzt diese Spannung meisterhaft und bleibt dabei glaubwürdig im Ton.

Visuell ein echter Überflieger

Das Artwork von Stéphane Créty ist, kurz gesagt, grandios. Die Panels strotzen vor Details, seien es die zerschossenen Schützengräben, die eleganten Doppeldecker oder die majestätisch-gruseligen Drachen. Besonders beeindruckend sind die Luftkämpfe: dynamisch, übersichtlich und voller Energie. Man hat fast das Gefühl, selbst mitzufliegen. Auch die Farbgebung trägt zur Stimmung bei düster, schmutzig, mit dramatischen Lichtsetzungen, die die Kämpfe wie Gemälde wirken lassen.

Tempo, Timing, Tragik

Erzählerisch hat Die Escadrille Lafayette ein sehr gutes Gespür für Rhythmus. Action und Charakterentwicklung wechseln sich ab, Rückblicke fügen sich organisch ein, und trotz der ernsten Thematik gibt es Platz für leise, fast zärtliche Momente. Besonders stark sind die Szenen, in denen Frank mit seiner Vergangenheit konfrontiert wird – etwa, wenn er den Ort des Drachenangriffs aufsucht, der sein Leben zerstörte. Hier zeigt sich das wahre Talent der Autoren: Sie erzählen mit Gefühl, aber ohne Kitsch.

Kein Comic für Kinder, aber für Abenteurer

Trotz des Fantasy-Settings ist dieser Comic alles andere als kindgerecht. Es geht um Verlust, Tod, Schuld und die Schrecken des Krieges – verpackt in einer bildgewaltigen Erzählung. Fans klassischer Kriegsdramen werden genauso fündig wie jene, die epische Drachenkämpfe lieben. Und ja, es gibt auch etwas Pathos, aber nie aufgesetzt oder übertrieben. Der Ton bleibt erwachsen, die Botschaften subtil.

Das große Ganze im Blick

Band 2 baut nicht nur auf dem ersten Teil auf, sondern erweitert das Universum sinnvoll. Neue Figuren, neue Perspektiven, und ein noch stärkerer emotionaler Kern. Man hat das Gefühl, Teil einer größeren Saga zu sein einer, die nicht nur Drachen zeigt, sondern Menschen, die an sich selbst glauben müssen, um das Unmögliche zu tun. Die Escadrille Lafayette ist mehr als ein Kapitel es ist ein Meilenstein innerhalb dieser jungen, aber schon sehr ambitionierten Reihe. Ich finde auch den kleinen Blick auf den ersten Band gut und dennoch hat man hier eine völlig eigene Geschichte. 

Kriege und Drachen 2, Hoch hinaus, tief getroffen

Kriege und Drachen 2 gelingt das Kunststück, historische Authentizität und fantastische Elemente miteinander zu verschmelzen, ohne dass es kitschig oder albern wirkt. Stattdessen entsteht eine bedrückende, aber faszinierende Parallelwelt, in der Drachen keine Märchenwesen sind, sondern tödliche Waffen auf einem ohnehin brutalen Schlachtfeld. Frank Luke durchläuft in diesem Band eine spürbare Entwicklung, die glaubwürdig und emotional nachvollziehbar ist. Seine Motivation, seine Schwächen, seine Konflikte, all das macht ihn menschlich und damit viel spannender als den üblichen Auserwählten. Er ist kein strahlender Ritter, sondern ein junger Mann, der sich dem Trauma stellt und trotzdem weiterfliegt. Wer Comics wegen der Bilder liest, wird diesen Band lieben. Aber auch wer Wert auf gutes Storytelling legt, kommt voll auf seine Kosten. Das ist kein bloßes Popcorn, das ist sorgfältig komponierte Comic-Kunst. Insgesamt schafft es die Geschichte in der Kürze sehr viel rüberzubringen und dabei zu keiner Zeit langweilig zu werden oder gar unnötige Längen zu haben.  Kriege und Drachen 2: Die Escadrille Lafayette ist mehr als nur ein Fantasy-Comic. Es ist ein wuchtiges, emotionales, mitreißendes Stück Comic, das Lust auf mehr macht und beweist, dass man mit Flügeln und Feuer auch große Geschichten erzählen kann.

Vielen Dank an den Splitter Verlag für die Bereitstellung des Rezensionsexemplars. 

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