John Constantine: Hellblazer – Tot in Amerika 2

John Constantine setzt seine gefährliche Reise durch die USA allein fort, begegnet in San Francisco einem Geist, trifft den Dämon Etrigan, stellt sich Hollywoods finsterer Magie und am Ende könnte ihn Death erwarten.
Ein düsterer Roadtrip geht zu Ende
Mit Tot in Amerika 2 schließt sich der Kreis der bizarren, albtraumhaften Reise, die John Constantine durch die finstersten und verdorbensten Winkel der USA geführt hat. Was in Teil 1 als höllische Schnitzeljagd nach dem Sandbeutel von Dream begann, endet hier in einem Abstieg, der noch persönlicher, gefährlicher und zynischer ist. Dies ist kein „großer Knall“-Finale, sondern eine zermürbende Abwärtsspirale, in der Constantine nicht nur überleben, sondern auch die Reste seiner Menschlichkeit bewahren muss wenn er denn noch welche hat.
Allein unter Dämonen und Schlimmerem
Simon Spurrier verzichtet diesmal fast komplett auf eine Buddy-Dynamik und setzt Constantine allein in die Arena. Das verleiht der Story eine noch dichtere, klaustrophobischere Atmosphäre. Jeder Dialog, jedes Zögern und jede sarkastische Bemerkung wirkt schärfer, weil kein Sidekick da ist, um die Stimmung zu lockern. Und wie immer bei Constantine: Die größte Gefahr ist nicht der Dämon im Raum, sondern der Mann im Spiegel.
Hollywood-Hölle und urbane Mythen
Einer der Höhepunkte des Bandes ist Constantines Konfrontation mit der Albtraumfabrik Hollywood. Spurrier entlarvt das glamouröse Image als blutiges Schlachtfeld für Seelen, in dem Ruhm und Erfolg nur andere Namen für Verdammnis sind. Die Mischung aus okkulter Korruption, schillernden Illusionen und eiskaltem Zynismus wirkt wie ein moderner Dante-Exkurs – nur mit mehr Zigarettenrauch und sarkastischen Seitenhieben.
Begegnungen mit alten Bekannten
Man m wird sich über das Wiedersehen mit bekannten Figuren wie dem Dämon Etrigan freuen. Doch wie so oft in Constantines Welt ist das Wiedersehen weniger herzlich als gefährlich. Die Begegnungen sind pointiert inszeniert und treiben die Handlung spürbar voran, anstatt nur Nostalgie zu bedienen. Selbst kurze Auftritte tragen Gewicht und hinterlassen Spuren, manchmal im wörtlichen Sinn.
Zeichnungen, die atmen oder ersticken
Aaron Campbell und Lisandro Estherren schaffen es erneut, die Welt Constantines visuell zwischen Albtraum und Realität schweben zu lassen. Campbell bleibt der Meister der bedrückenden Schatten und verwaschenen Konturen, während Estherrens Stil in den Albtraumsequenzen regelrecht eskaliert. Die Panels sind oft so dicht und drückend, dass man das Gefühl hat, man müsse selbst um Luft ringen.
Farben, die Geschichten erzählen
Jordie Bellaires Farbpalette ist hier fast schon ein eigener Erzähler. Warme Töne werden schnell von kalten, blassen Schattierungen erstickt, sobald Gefahr oder moralischer Verfall ins Spiel kommen. Besonders die Hollywood-Szenen sind farblich so toxisch und schillernd, dass man sich unwillkürlich die Hände danach waschen möchte.
Spurriers erzählerischer Spagat
Spurrier gelingt erneut der Balanceakt zwischen okkultem Horror, politisch-gesellschaftlichem Kommentar und beißender Geschichte. Tot in Amerika 2 ist kein bloßer Actionrausch, sondern ein nachdenkliches, manchmal verstörendes Finale, das Constantine zwar in die Knie zwingt, ihn aber nie ganz bricht. Es ist diese Mischung aus Unbesiegbarkeit und Selbstzerstörung, die ihn zu einer der faszinierendsten Figuren des DC-Vertigo-Kosmos macht.
Ein Finale, das lange nachhallt
Dieses zweite Paperback ist weniger ein epischer Schlussakkord und mehr ein kaltes Ausbrennen und genau das passt zu Constantine. Spurrier schließt nicht nur die Handlung, sondern lässt die emotionalen und moralischen Konsequenzen wie Rauch im Raum hängen.
Bitter, zynisch, brillant
Tot in Amerika 2 ist kein Happy End, sondern eine Abrechnung. Spurrier weigert sich, Constantine in einen strahlenden Helden zu verwandeln, und zeigt stattdessen einen Mann, der genauso korrupt, widersprüchlich und verletzlich ist wie die Welt, durch die er sich bewegt und bereit ist jeden hinters Licht zu führen.
Wer Teil 1 mochte, wird hier nicht enttäuscht. Die Story zieht alle erzählerischen Schrauben noch einmal fester an und liefert dabei starke Momente ab. Dies ist kein Comic, mit dem man in Constantines Welt einsteigt. Ohne den ersten Band und Grundkenntnisse im Sandman-Universum verliert man zu viel. Aber genau diese Dichte macht den Reiz aus: Man wird nicht an die Hand genommen, sondern hineingestoßen.
Campbells und Estherrens Arbeiten, gepaart mit Bellaires Farben, schaffen eine Atmosphäre, die so greifbar ist, dass man fast glaubt, den Zigarettenrauch und das Blut riechen zu können. Das Artwork ist nicht nur Begleitung der Story, es ist die Story. Am Ende bleibt das Gefühl, dass Constantine zwar mal wieder davongekommen ist, aber jeder Sieg in seiner Welt nur eine andere Form des Verlusts ist. Tot in Amerika 2 ist ein würdiger Schlusspunkt einer, der brennt und kratzt.
Vielen Dank an Panini Comics für die Bereitstellung des Rezensionsexemplars.
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