Rainbow 1

Japan 1955: Sechs Jugendliche landen wegen Verbrechen in einer brutalen Jugendstrafanstalt. Zwischen Gewalt und Willkür finden sie in ihrem Zellengenossen, dem Boxer Rokurota Sakuragi, einen Verbündeten.

Ein düsterer Start in die Nachkriegszeit

Rainbow Band 1 wirft uns direkt in das Japan der 1950er Jahre, eine Zeit, in der die Narben des Krieges noch überall sichtbar sind. Der Manga nimmt kein Blatt vor den Mund, wenn es darum geht, die Schattenseiten dieser Ära zu zeigen: Armut, Perspektivlosigkeit und eine Jugend, die zwischen Überleben und moralischem Verfall schwankt. Schon auf den ersten Seiten merkt man: Hier wird keine beschönigende Geschichte erzählt, sondern eine, die den Dreck, das Blut und die Verzweiflung in voller Härte zeigt.

Sechs Jungen, sechs Geschichten

Im Mittelpunkt stehen Mario, Tadayoshi, Jo, Noboru, Ryuji und Mansaku. Jeder von ihnen trägt eine eigene Geschichte mit sich, und keine ist leicht verdaulich. Es geht um Diebstahl, Gewalt oder auch nur darum, dass man am falschen Ort zur falschen Zeit war. Trotz ihrer Unterschiede eint sie eines: Sie sind jung, gebrochen und haben kaum Hoffnung, dass die Gesellschaft ihnen eine zweite Chance gewährt. Gerade diese Mischung aus Verschiedenheit und Gemeinsamkeit macht die Gruppe so interessant.

Der Albtraum namens Jugendgefängnis

Kaum angekommen, wird den Jungen klar, dass die eigentliche Strafe nicht in der Haftdauer liegt, sondern in dem Ort selbst. Sadistische Wärter, widerwärtige Ärzte und Mithäftlinge, die jede Gelegenheit nutzen, um ihre Macht zu demonstrieren – das Gefängnis ist ein Spiegel der grausamsten Seiten der Gesellschaft. Hier geht es nicht um Resozialisierung, sondern ums Brechen. Der Manga inszeniert diese Hölle so eindringlich, dass man beim Lesen selbst Beklemmung verspürt.

Hoffnung in Menschengestalt: Rokurota Sakuragi

Zwischen all dem Leid erscheint Rokurota Sakuragi, ein älterer Mitinsasse und begnadeter Boxer. Er ist das genaue Gegenteil der korrupten Figuren im Gefängnis: loyal, stark und vor allem ein Vorbild. Für die Jungen wird er schnell zum großen Bruder, der ihnen zeigt, dass man auch in einer Welt voller Dunkelheit nicht seine Menschlichkeit verlieren muss. Seine Präsenz bringt Wärme in eine ansonsten eiskalte Welt – ein wichtiger Balancepunkt in der Geschichte.

Zeichnungen, die unter die Haut gehen

Optisch ist Rainbow Band 1 ein Schlag ins Gesicht – und das meine ich positiv. Die Zeichnungen sind realistisch, oft schonungslos detailliert und verstärken die bedrückende Atmosphäre perfekt. Narben, Schweiß, Tränen – alles wird mit einer Intensität dargestellt, die man selten in Mangas findet. Gleichzeitig schaffen die Panels Raum für ruhige Momente, in denen ein Blick oder eine Geste mehr sagt als tausend Worte.

Emotionale Wucht statt Action-Feuerwerk

Wer bei einem Manga mit einem Boxer als Schlüsselcharakter auf endlose Prügeleien hofft, wird überrascht sein. Kämpfe gibt es zwar, aber sie sind nicht der Kern der Handlung. Stattdessen liegt der Fokus klar auf den psychologischen und emotionalen Kämpfen der Figuren. Es geht darum, wie man Hoffnung bewahrt, wenn alles verloren scheint. Gerade diese emotionale Tiefe hebt Rainbow von vielen anderen Titeln ab.

Ein realistisches Gesellschaftsporträt

Rainbow ist nicht nur eine Gefängnisgeschichte, sondern auch eine Gesellschaftsstudie. Es zeigt, wie schwer es für die Jugend der Nachkriegszeit war, überhaupt eine Perspektive zu haben. Wer arm geboren wurde, hatte kaum Chancen, aus diesem Schicksal auszubrechen. Der Manga thematisiert diese Ungerechtigkeit, ohne belehrend zu wirken – er zeigt einfach, wie es war. Das macht ihn gleichzeitig historisch interessant und erschreckend zeitlos.

Für wen ist der Manga geeignet?

Ganz klar: Rainbow ist nichts für schwache Nerven. Wer auf leichte Unterhaltung aus ist, wird hier nicht glücklich. Aber wer eine intensive, emotionale und tiefgründige Geschichte sucht, die mehr bietet als simple Unterhaltung, wird hier fündig. Fans von realistischen Dramen, die an die Substanz gehen, sollten unbedingt einen Blick wagen.

Warum Rainbow 1 so besonders ist

Erstens, weil der Manga den Mut hat, ehrlich zu sein. Es gibt keine weichgespülten Darstellungen, keine romantisierte Sicht auf das Gefängnisleben. Alles fühlt sich roh, schmutzig und echt an und genau das macht den Reiz aus. Zweitens überzeugt Band 1 durch seine Figuren. Die sechs Jungen und Sakuragi sind keine Helden im klassischen Sinn, sondern Menschen voller Fehler und Verletzungen. Man leidet mit ihnen, hofft mit ihnen und wünscht sich, dass sie ihren Weg finden trotz aller Hindernisse. Drittens ist die Mischung aus Härte und Hoffnung hervorragend austariert. Gerade weil die Situation so aussichtslos wirkt, sind die kleinen Momente der Freundschaft und Loyalität umso kraftvoller. Sie zeigen, dass Menschlichkeit auch in der Hölle möglich ist. Viertens brilliert der Manga durch seine visuelle Kraft. Die Zeichnungen sind intensiv, kompromisslos und transportieren die Emotionen direkt in den Bauch des Lesers. Jeder Blick, jede Geste, jede Verletzung hat Gewicht. Und schließlich: RainbowBand 1 ist ein Werk, das nachhallt. Man klappt den Band nicht einfach zu und denkt „war gut“, sondern trägt die Geschichte im Kopf und im Herzen weiter. Es ist ein Manga, der fordert, der wehtut – aber genau deshalb so wertvoll ist.

Vielen Dank an Cross Cult für die Bereitstellung des Rezensionsexemplars. 

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