Elric 5: Der Zauber des weißen Wolfs

Elric, der gefallene Herrscher von Melniboné, zieht mit seinem Gefährten Mondmatt nach Dhakos, um Königin Yishana zu helfen. Ein geheimnisvoller Turm im Westen verbreitet Chaos – und entpuppt sich als Portal in eine Welt ohne Magie, wo selbst Elrics Schwert machtlos ist.
Ein gebrochener Kaiser auf Wanderschaft
Mit Elric 5 Der Zauber des weißen Wolfs kehrt der tragischste aller Fantasy-Helden zurück und das in gewohnt düsterer Manier. Nachdem Imrryr, die stolze Hauptstadt Melnibonés, in Flammen aufgegangen ist, taumelt Elric wie ein Gespenst durch eine Welt, die ihn verachtet, aber nicht loslässt. Der einstige Herrscher ist nun ein rastloser Söldner, geplagt von Schuld und der verfluchten Macht seines Schwertes Sturmbringer. Schon auf den ersten Seiten spürt man die Last seiner Taten eine Mischung aus Melancholie, Wut und verzweifelter Selbstsuche, die sich wie ein bleierner Nebel über die Geschichte legt.
Ein neuer Wegbegleiter und ein Hauch von Hoffnung
Mit dem lebensfrohen Mondmatt (im Original: Moonglum) tritt endlich wieder ein Licht in Elrics trübe Welt. Der kleine Abenteurer mit dem großen Mundwerk bringt eine dringend nötige Portion Leichtigkeit in die Geschichte. Ihre Dialoge sind nicht nur witzig, sondern enthüllen auch Elrics menschlichere Seiten. Mondmatt ist so etwas wie das moralische Gegengewicht zu Elrics fatalistischem Nihilismus – ein Spiegel, der zeigt, dass auch in der Dunkelheit noch Funken von Menschlichkeit glimmen können.
Die Reise nach Dhakos und ein Auftrag voller Unheil
Die Handlung nimmt Fahrt auf, als das ungleiche Duo in die Stadt der Tausend Türme reist, wo Königin Yishana um Hilfe bittet. Ihr Reich wird von einem seltsamen Phänomen bedroht: Ein Turm ist im Westen erschienen – und mit ihm bricht das Chaos über die Welt herein. Schon hier deutet sich an, dass der Band weniger auf epische Schlachten als auf metaphysische Spannung setzt. Die Bedrohung ist nicht nur äußerlich, sondern tief verwoben mit den Mächten des Chaos und der Natur der Realität selbst.
Ein Portal jenseits der Magie
Der mysteriöse Turm entpuppt sich schließlich als Dimensionsportal ein Ort, an dem die Gesetze der Magie aufgehoben sind. Für Elric ist das eine grausame Ironie: Gerade dort, wo seine Machtquelle versagt, wird er mit seinem wahren Selbst konfrontiert. Sturmbringer, sein dämonisches Schwert, bleibt stumm. Kein Blut, keine Seele, keine Rettung. Diese Passage ist erzählerisch wie visuell ein Höhepunkt: eine surreale, verstörende Traumsequenz zwischen Hölle und Jenseits, in der Elric buchstäblich entblößt wird nicht körperlich, sondern seelisch.
Die Kunst von Valentin Sécher Dunkelheit in Perfektion
Valentin Sécher beweist erneut, dass er einer der besten Künstler im Bereich der Dark Fantasy ist. Seine Seiten sind keine bloßen Comicpanels, sondern fast schon Gemälde voll von Texturen, Schattierungen und einer Lichtregie, die an klassische Ölmalerei erinnert. Jede Figur wirkt dreidimensional, jeder Felsen scheint zu atmen. Besonders eindrucksvoll sind die Szenen im Chaosreich: ein visuelles Inferno aus verzerrten Perspektiven, organischen Formen und leuchtenden Farben, die an Hieronymus Bosch oder Giger erinnern. Diese Ästhetik hebt Elric endgültig über das Genre-Durchschnittsniveau hinaus.
Das Szenario zwischen Tragödie und Philosophie
Blondel und Cano setzen Moorcocks Vorlage mit bemerkenswertem Respekt, aber auch mit eigenem erzählerischen Mut um. Statt sich in reiner Action zu verlieren, loten sie die psychologischen Abgründe Elrics aus. Themen wie Schuld, Macht und der Verlust von Identität ziehen sich wie rote Fäden durch den Band. Gleichzeitig spürt man den epischen Atem eines großen Fantasy-Epos – jedoch ohne in Pathos oder Klischees abzurutschen. Das Resultat ist eine dichte, fast schon literarische Comic-Erzählung, die den Leser fordert, aber auch belohnt.
Ein Band als Übergang und als Spiegelbild
Der Zauber des weißen Wolfs ist weniger ein actiongeladener Höhepunkt, sondern vielmehr ein Übergangsband ein Moment der Selbstreflexion im großen Zyklus. Elric steht hier an einem Scheideweg: zwischen Menschlichkeit und Verdammnis, zwischen Liebe und Untergang. Für langjährige Leser ist das eine Etappe, die seine Entwicklung glaubwürdig weiterführt. Neueinsteiger könnten sich hingegen etwas verloren fühlen, denn ohne das Vorwissen der vorherigen Bände bleibt manch subtiler Konflikt unverständlich.
Dunkel, schön und gnadenlos
Elric 5 Der Zauber des weißen Wolfs ist ein Band der erzählerisch gut und emotional ist . Er fordert uns auf uns mit einem Protagonisten zu beschäftigen, der alles andere als ein klassischer Held ist. Doch genau darin liegt seine Faszination. Wer Moorcock liebt, wird hier auf seine Kosten kommen: Der Band atmet den Geist des Originals, ohne zur bloßen Nacherzählung zu verkommen. Blondel und Sécher haben verstanden, dass Elric mehr ist als Schwert und Magie es ist eine Geschichte über Macht, Sucht und den unausweichlichen Preis des Schicksals. Künstlerisch ist das Werk schlicht stark. Sécher schafft es, jede Seite mit einer Intensität zu füllen, die einen förmlich in die Panels hineinsaugt. Seine Farbkompositionen sind so lebendig, dass man fast meint, das Chaos selbst zu spüren. Inhaltlich ist der Band ruhiger, introspektiver ein Atemholen vor der nächsten Katastrophe, die hier aber auch mal wieder nicht zu kurz kommt. Wer hier pure Action erwartet, könnte enttäuscht werden. Doch wer sich auf den Unterton einlässt, erlebt Dark Fantasy auf starkem Niveau. Unterm Strich ist Elric 5: Der Zauber des weißen Wolfs ein düsteres Werk, ein Stück Finsternis, das zeigt, dass Comics weit mehr können als bloße Unterhaltung. Es ist Kunst, Tragödie und Mythos zugleich und eine klare Empfehlung.
Vielen Dank an den Splitter Verlag für die Bereitstellung des Rezensionsexemplars.
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