Wolverine Zahltag 

Nach dem Einschlag von Magnetos Asteroid M droht der Welt der Untergang. Auf einer SHIELD-Mission in Sibirien geraten Wolverine, Captain America und Winter Soldier in die Gewalt von Deadpool, Sabretooth und anderen Feinden. Nach grausamer Gefangenschaft schwört Logan blutige Rache. 

Wenn der Berserker keine Gnade mehr kennt

Die Apokalypse beginnt mit Stil

Kaum schlägt man die erste Seite von Wolverine Zahltag auf, wird eines klar: Hier geht es nicht um das übliche Marvel-Gekloppe. Jonathan Hickman und Greg Capullo werfen uns ohne große Vorwarnung in eine düstere, kaputte Welt dystopisch, brutal, gnadenlos. Magnetos Asteroid M hat eingeschlagen, und mit ihm ist jegliche Ordnung gefallen. Es herrscht Krieg, Chaos, Überlebenskampf. Diese postapokalyptische Bühne ist der ideale Hintergrund für eine Rachegeschichte, die sich gewaschen hat.

Logan am Tiefpunkt und dann noch tiefer

Wolverine ist am Ende. Und das sagt bei diesem Mann schon einiges. Was Hickman hier mit dem Charakter macht, ist mehr als bloßes „Ich nehme ihm alles und schicke ihn auf Rachefeldzug“ – es ist eine Dekonstruktion. Logan verliert seine Freunde, seine Familie, sein Ziel – kurz: alles, was ihn noch menschlich gehalten hat. Und genau daraus zieht der Comic seine enorme emotionale Wucht.

Hickman dreht frei aber mit Kalkül

Jonathan Hickman ist bekannt für komplexe Handlungsgeflechte und kühle Intelligenz. Hier jedoch überrascht er mit roher, fast schon animalischer Energie. Der Plot ist straighter als man es von ihm gewohnt ist, aber das tut dem Lesespaß keinen Abbruch – im Gegenteil. Hickman versteht es, mit wenigen Worten und gezielten Dialogen den Druck kontinuierlich zu steigern. Jeder Moment wirkt bedeutungsvoll, jede Szene ein kleiner Hammerschlag.

Capullo entfesselt ein Fest für die Augen

Greg Capullo darf hier endlich wieder das tun, was er am besten kann: fette Action, harte Typen, überlebensgroße Szenen. Seine Darstellung von Logan ist ikonisch – voller Zorn, Schmerz, Entschlossenheit. Die Panels wirken wie aus Metall geschmiedet, düster und kantig, dabei unglaublich dynamisch. Besonders beeindruckend: die Kampfszenen. Kein überflüssiger Schnörkel, keine CGI-Ästhetik Capullo liefert handfeste, kompromisslose Brutalität.

Rache, Blut und verbrannte Erde

In Sibirien eskaliert alles. Captain America, Winter Soldier und Logan auf geheimer Mission das klingt nach klassischem Superheldenteam, aber Zahltag macht daraus ein düsteres Kriegsdrama. Der Angriff durch Deadpool, Sabretooth und Co. ist nicht nur überraschend, sondern erschütternd in seiner Konsequenz. Es geht nicht bloß um Gefechte, sondern um Tortur. Und genau hier beginnt Logans wahrer Weg: der zur Ein-Mann-Vernichtungsmaschine.

Gewalt mit Gewicht

Die Gewalt in Wolverine Zahltag ist nicht übertrieben, aber drastisch. Sie dient nicht der Effekthascherei, sondern dem Aufbau der Geschichte. Jeder Faustschlag, jede Klinge, die durch Fleisch fährt, erzählt etwas über Schmerz, Verlust und eine Welt, die nur noch in Extremen existiert. Logan metzelt sich nicht einfach nur durch Gegner er durchlebt seine eigene Katharsis.

Nebenfiguren mit Profil

Auch wenn Wolverine ganz klar im Zentrum steht, haben die Nebenfiguren genug Raum, um zu glänzen. Nick Fury tritt als abgebrühter Strippenzieher auf, Captain America ringt mit dem Gewicht seiner Entscheidungen, und sogar Deadpool bekommt überraschend düstere Momente. Hickman schafft es, selbst bekannten Figuren neue Facetten abzugewinnen ohne dabei ihre Essenz zu verraten.

Atmosphäre zum Schneiden

Was Wolverine Zahltag so besonders macht, ist die bedrückende, fast klaustrophobische Atmosphäre. Man spürt in jedem Panel die Verzweiflung, die Kälte, die Hoffnungslosigkeit. Sibirien wird zur Hölle auf Erden. Hickman und Capullo gelingt es, eine Welt zu erschaffen, in der Moral keine Rolle mehr spielt und genau das macht Logans Wut so nachvollziehbar.

Kein Platz für Erlösung

Dies ist kein Comic über Heilung. Kein Comic, der eine leuchtende Zukunft verspricht. Zahltag ist ein Abgesang auf die Menschlichkeit, auf Superheldentum, auf Gnade. Logan findet keine Erlösung, nur Genugtuung. Und diese Radikalität, diese Schonungslosigkeit, ist es, die den Band so einzigartig macht.

Ein brachialer Abgesang auf den Helden, der keiner mehr sein will

Wolverine Zahltag ist nicht für jeden. Wer auf klassische Heldenepen mit Happy End hofft, sollte besser die Finger davon lassen. Doch wer sich auf eine kompromisslose Geschichte über Verlust, Wut und gnadenlose Rache einlässt, wird belohnt – mit einem intensiven Wolverine-Comic.

Jonathan Hickman beweist, dass er nicht nur der Architekt von komplexen Universen sein kann, sondern auch der Schmied brutaler Einzelschicksale. Sein Logan ist roh, real, kaputt und gerade deshalb so faszinierend. Die Geschichte zieht einen nicht mit Tempo in ihren Bann, sondern mit Schwere und Konsequenz. Jeder Schritt Logans auf dem Weg zur Vergeltung ist ein schmerzhaftes Echo dessen, was er verloren hat. Greg Capullo tut sein Übriges, um diesen Albtraum zum Leben zu erwecken. Seine Zeichnungen schlagen ein wie eine Kralle direkt ins Herz. Capullo und Hickman sind ein Dream-Team für den Albtraum. Dieser Band ist eine brutale, aber verdammt ehrliche Abrechnung mit Superheldenklischees, mit Vergebung, mit Hoffnung. Wolverine Zahltag ist ein sichere gelungenes Werk, dass mir sehr gut gesellen hat. Manchmal ist der Weg in die Dunkelheit der einzige, der bleibt.

Vielen Dank an Panini Comics für die Bereitstellung des Rezensionsexemplars 

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