Postal 6

Im finalen Band verbündet sich Isaac Shiffron mit dem FBI-Agenten Bremble, um sich an Eden und Laura zu rächen. Während Bremble die Stadt und korrupte FBI-Kollegen ins Visier nimmt, müssen Laura, Mark und Maggie alles daransetzen, Eden vor dem drohenden Untergang zu retten.

Willkommen zurück in Eden, ein letztes Mal

Mit dem sechsten und finalen Band von Postal verabschieden sich Bryan Hill und Isaac Goodhart aus der geheimnisvollen Kleinstadt Eden einem Ort, der über all die Bände hinweg nie aufgehört hat, moralisch zu schillern. Aus dem Skinless Crow trägt den düsteren, metaphorischen Titel nicht umsonst: Es geht um bloßgelegte Strukturen, nackte Wahrheiten und seelische Zerreißproben. Wer bisher dachte, in Eden wäre das Schlimmste bereits geschehen, wird hier eines Besseren belehrt. Dabei geht es gar nicht so gar um Isaac, der ist hier finde ich nettes Beiwerk, leider auch nicht mehr. Der Fokus liegt klar auf Mark und was seine Eltern seinen Geschwistern angetan haben. 

Isaac Shiffrons letzte Karte

Isaac Shiffron, der Vater von Mark und einstige Strippenzieher hinter Eden, ist zurück, mit einem Racheplan, der ebenso kalt wie effektiv ist. Er hat ein neues Werkzeug gefunden, um die Stadt zu zerstören: das FBI. Und Agent Bremble, ein skrupelloser Mann mit eigenen Motiven, scheint genau der Richtige für diesen Job. Es ist ein intelligenter Schachzug, denn diesmal kommt die Bedrohung nicht von innen, sondern von einer Institution, die Eden nie beachtet hat bis jetzt.

Mark, Laura und Maggie, alte Bekannte, neue Dynamik

Was den Band besonders stark macht, ist die Wiederbelebung der emotional komplexen Beziehungen zwischen Mark, seiner Mutter Laura und der wortkargen Maggie. Die Konstellation funktioniert nach wie vor hervorragend, gewinnt aber an Dringlichkeit, weil sie plötzlich wieder Seite an Seite kämpfen müssen. Alte Verletzungen werden dabei ebenso aufgerissen wie neue Loyalitäten geschmiedet. Insbesondere Mark zeigt erneut, dass er nicht nur der Postbote von Eden ist sondern längst zu seinem moralischen Herz geworden ist. 

Gerade die Konstellation zwischen Mark und und Maggie funktioniert hier wieder einmal gekonnt gut. Am Ende der eigentlichen Geschichte bekommen wir jeweils zwei kleine kurze Kapitel spendiert, die die gesamte Story für mich zwar ein wenig offen abschließt, aber mit einem schönen Happy End. 

Das FBI als Katalysator für das Finale

Mit Agent Bremble tritt ein neuer Gegenspieler auf den Plan, der keinen Hehl aus seiner Verachtung für Eden und das korrupte System innerhalb des FBI macht. Seine Agenda überschneidet sich zunächst mit Shiffrons, entwickelt aber schnell ein Eigenleben. Bremble will nicht nur vernichten, er will entlarven. Das verleiht dem Showdown eine politische Brisanz, die Postal auf die nächste Ebene hebt. Es geht nicht mehr nur um Eden es geht um das, was Eden symbolisiert: Gerechtigkeit außerhalb der Norm.

Zeichnungen, die unter die Haut gehen

Isaac Goodharts Artwork ist gewohnt eindringlich. Mit klaren Linien, ausdrucksstarken Gesichtern und bewusst gesetzten Schatten spiegelt er die klaustrophobische Atmosphäre perfekt wider. In diesem Band kommen besonders viele Nahaufnahmen zum Einsatz Gesichter sprechen oft mehr als Worte. Die Farben sind gedämpft, fast schon resigniert. Es passt zum Endzeitgefühl, das über allem schwebt.

Die Rückkehr des Bösen kein klassischer Antagonist

Shiffron ist kein Bösewicht im klassischen Sinne. Er ist ein gebrochener Mann, der in seiner eigenen Logik handelt. Und genau das macht ihn so gefährlich. Seine Gespräche mit Bremble gehören zu den besten Momenten des Bandes, weil sie zwei Weltanschauungen aufeinandertreffen lassen beide verstörend, beide nachvollziehbar. Postal 6 stellt nicht die Frage, wer Recht hat, sondern wer bereit ist, welchen Preis für sein Weltbild zu zahlen.

Ein Finale mit Konsequenzen

Der Angriff auf Eden ist nicht nur ein Showdown mit Waffen und Strategie es ist auch ein psychologischer Krieg. Niemand kommt hier ohne Kratzer davon. Die Konsequenzen sind dauerhaft, schmerzhaft und das muss man Hill hoch anrechnen konsequent. Keine einfache Auflösung, kein bequemes Happy End. Eden überlebt, ja. Aber in welcher Form? Und zu welchem Preis?

Kleine Schwächen, große Wirkung

So stark der Band auch ist gelegentlich wirkt das Erzähltempo etwas gedrückt. Besonders im Mittelteil verliert sich die Geschichte ein wenig in inneren Monologen, während man als Leser bereits auf das große Finale wartet. Auch Bremble hätte als Figur noch etwas mehr Tiefe vertragen sein Wandel vom Werkzeug zum Scharfrichter passiert fast zu reibungslos. Trotzdem: Diese kleinen Schwächen schmälern das Gesamtbild kaum.

Ein würdiger Abschluss für eine außergewöhnliche Reihe

Postal 6 Aus dem Skinless Crow liefert genau das, was man sich von einem Abschlussband erhofft: Dramatik, Konsequenzen, Tiefe und das Gefühl, dass hier etwas zu Ende geht, das Bedeutung hatte. Die Serie hat sich nie leicht gemacht, nie auf klare Gut-Böse-Schemata verlassen und dieser Band bleibt dieser Linie treu. Besonders beeindruckend ist, wie Hill und Goodhart es schaffen, Themen wie Schuld, Moral, Familie und Gerechtigkeit auf kleinstem Raum zu verhandeln. Eden war nie eine Metropole, aber die Konflikte, die darin brodeln, sind universell. Und das macht den Reiz dieser Serie aus. Der letzte Band ist keine Explosionsorgie, sondern ein kalkulierter Abgesang leise, dann laut, dann still. Die letzten Seiten lassen die Geschichte schon ein wenig offen enden und man will schon irgendwo mehr. Und genau das ist das größte Kompliment an jede Geschichte: Wenn sie noch nachhallt, obwohl sie schon vorbei ist und man mehr will. Wer die Reihe bis hierhin verfolgt hat, wird mit einem Ende belohnt, das die Stärken von Postal noch einmal auf den Punkt bringt. Wer neu einsteigt, sollte unbedingt vorne beginnen dieser Abschluss entfaltet seine volle Kraft nur im Kontext der gesamten Geschichte. Am Ende bleibt ein bittersüßer Nachgeschmack: Eden mag überlebt haben, aber nichts ist mehr wie vorher. Und genau deshalb fühlt sich dieses Ende richtig an, weil es nicht alles löst, sondern alles offenbart.

Vielen Dank an den Skinless Crow Verlag für die Bereitstellung des Rezensionsexemplars. 

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