Orks & Goblins 27: Eisenschädel 

Ork-Kriegsherr Eisenschädel und seine Truppe übernehmen einen gefährlichen Auftrag: Auf einer pestverseuchten Insel sollen sie eine geheimnisvolle, angeblich unöffnbare Truhe bewachen. Doch zwischen politischen Intrigen und der Verzweiflung der Einheimischen droht der Einsatz außer Kontrolle zu geraten – und könnte Eisenschädels letzter sein.

Willkommen im grünen Albtraum

Mit Band 27 der Anthologie-Reihe Orks & Goblins wird erneut unter Beweis gestellt, dass Fantasy nicht immer hübsch, glänzend und von edlen Rittern bevölkert sein muss. Stattdessen begleiten wir diesmal den berüchtigten Ork-Kriegsherrn Eisenschädel, dessen Name schon andeutet, dass Zartbesaitete hier fehl am Platz sind. Und wie der Titel bereits andeutet: Es wird hart. Es wird brutal. Und es wird richtig grün.

Ein Auftrag wie aus dem Albtraum

Die Ausgangslage ist schnell erklärt und genau das ist eine der Stärken des Bandes. Eisenschädel und seine Truppe erhalten den Auftrag, eine mysteriöse Truhe zu beschützen. Klingt simpel? Nicht auf einer von der Pest verwüsteten Insel, auf der mehr krabbelt als Hoffnung. Zwischen intriganten Inselherrschern und einer verzweifelten Bevölkerung wird schnell klar: Das hier ist kein Spaziergang für Orks mit Abenteuerlust. Das ist eine Reise ins Verderben.

Ein Ork mit Tiefe?

Man erwartet bei einem Charakter wie Eisenschädel rohe Gewalt, dumpfe Sprüche und jede Menge Geknüppel. Und ja, all das bekommt man auch. Aber der Clou ist: Eisenschädel ist nicht nur ein Schläger, sondern auch ein Anführer mit Prinzipien, soweit das bei Orks geht. Er zeigt Facetten, die man nicht sofort erwartet: Loyalität, Zweifel und eine gewisse Melancholie, wenn er realisiert, wie sinnlos manche Kämpfe sind. Das verleiht dem Band überraschende emotionale Tiefe und auch Rückblenden mit

seinem Sohn runden den Gesamteindruck ab. 

Visuell ein Schlachtfest

Pierre-Denis Goux liefert hier eine wahrlich beeindruckende Leistung ab. Seine Zeichnungen sind rau, detailliert und voller Energie. Ob Massenszene oder Nahaufnahme eines sabbernden Goblins alles wirkt lebendig und zugleich düster. Die Farbgebung unterstützt die düstere Atmosphäre perfekt: viel Braun, Grau, Grün und natürlich reichlich Blutrot. Wer auf Hochglanz-Fantasy steht, sollte einen großen Bogen machen. Wer Dreck unter den Nägeln mag, kommt auf seine Kosten.

Pest, Paranoia und Politik

Was Eisenschädel besonders macht, ist die politische Komponente. Die Insel steht nicht nur unter dem Einfluss der Seuche, sondern ist auch ein Pulverfass aus Misstrauen, Manipulation und Machtgier. Die menschlichen Anführer sind keine Helden, sondern Strippenzieher mit zweifelhaften Motiven. Eisenschädels Truppe ist dabei nicht etwa der moralische Gegenpol, sondern ein zusätzlicher Spielstein auf dem Schachbrett. Das sorgt für eine angenehm komplexe Handlung.

Tempo, Timing, Taktik

Der Band nimmt sich genug Zeit, um seine Geschichte zu entfalten, ohne je zu langweilen. Die Action-Szenen sind wuchtig, aber nie sinnlos. Dialoge sitzen mal herrlich vulgär, mal überraschend klug. Und das Pacing stimmt: Es wird nicht gehetzt, aber auch nie unnötig gedehnt. Peru weiß, wie man Spannung aufbaut und hält, bis der Ork-Hammer fällt.

Goblins als Randerscheinung?

Der Titel Orks & Goblins verspricht beide Fraktionen, aber wie so oft liegt der Fokus klar auf dem Ork in diesem Fall Eisenschädel. Goblins spielen eine eher untergeordnete Rolle, was ein wenig schade ist, denn ihr Irrsinn hätte der Geschichte stellenweise noch mehr Biss geben können. Stattdessen dienen sie meist als Kanonenfutter hier.

Ein Band, ein Abschluss

Wie alle Ausgaben der Reihe ist auch dieser Band in sich abgeschlossen. Und das funktioniert gut. Die Geschichte hat einen klaren Anfang, einen verdammt düsteren Mittelteil und ein bitteres Ende, das ohne großes Pathos auskommt und gerade deshalb überzeugt. Wer neu in die Reihe einsteigen will, kann das hier problemlos tun.

Für wen ist das was?

Eisenschädel richtet sich an alle, die mit Elfen nichts anfangen können, Zwerge zu spießig finden und Menschen für das eigentliche Übel halten. Fans von WarhammerThe Witcher oder der Schwarzen Auge-Düstervariante könnten hier ein neues Lieblingsheft finden oder in dem Fall auch eine ganze Reihe. Wer allerdings auf moralisch einwandfreie Helden hofft, sollte lieber den Splitterkatalog durchblättern – aber eine Seite weiter.

Gewaltig, gemein, gelungen!

Orks & Goblins 27 Eisenschädel ist ein  Fantasy-Abenteuer, das mit einem Antihelden punktet, der mehr zu sagen hat als nur Zerschmettern. Die düstere Atmosphäre, gepaart mit einer überraschend starken Story, hebt diesen Band von anderen ab. Es ist nicht nur stumpfe Gewalt, auch wenn davon mehr als genug vorhanden ist –, sondern ein Blick in eine Welt, in der Moral schon lange gestorben ist und in der die Orks nur der Köder waren.  Was besonders gefällt, ist die Konsequenz, mit der Geschichte und Figuren behandelt werden. Hier wird niemand geschont weder wir noch Charaktere. Der Plot mag simpel wirken, entfaltet aber mit fortschreitender Dauer eine gute Tiefe. Eisenschädel wird als Figur fast tragisch, ohne seine Orkhaftigkeit zu verlieren. Die künstlerische Umsetzung ist durchweg stark für all jene was die  düsteren, handgezeichneten Welten. Jede Seite wirkt wie eine Szene aus einem Fantasy-Kriegsfilm, bei dem niemand einen Happy End erwartet und das ist vollkommen okay so. Kritikpunkte gibt es kaum. Allenfalls hätten die Goblins eine etwas stärkere Rolle verdient, und einige Nebenfiguren bleiben etwas blass. Doch das ist bei einem Einzelband verschmerzbar die Geschichte steht, wirkt und liefert Popcornkino vom feinsten ab.

Vielen Dank an den Splitter Verlag für die Bereitstellung des Rezensionsexemplars. 

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