Adler 1 

Ex-Luftwaffenpilot Adler stürzt in den Bergen Pakistans ab und entdeckt dort zufällig ein modernes Flugzeug. Auf dem Weg zu seiner Freundin Helen nach Indien wird er unversehens zum Schatzjäger und Spion – ein gefährliches Leben mit hohem Preis.

Der Band vereint die ersten drei Abenteuer der Serie und enthält ein Dossier über René Sterne, das Leben und Werk des leidenschaftlichen Künstlers beleuchtet.

Ein Klassiker hebt wieder ab

Mit Adler Integral 1 erleben wir den Neustart einer Comicserie, die man fast schon als verborgenes Juwel der frankobelgischen Comicgeschichte bezeichnen darf. René Sterne, der kreative Kopf hinter dem Werk, entführt uns in die 1980er Jahre eine Zeit, in der Abenteuercomics noch nach Benzin rochen und Helden sich durch die Welt kämpften, statt durch virtuelle Räume zu klicken. Der Sammelband vereint die ersten drei Alben der Reihe plus ein beeindruckendes Dossier voller Hintergründe, Skizzen und Interviews. Schon nach wenigen Seiten wird klar: Sterne hat hier etwas geschaffen, das sich zwischen klassischer Abenteuerromantik und emotionaler Charaktertiefe bewegt.

Ein Pilot zwischen Himmel und Hölle

Adler, der titelgebende Held, ist kein strahlender Supermann. Er ist ein ehemaliger Luftwaffenpilot mit Vergangenheit und mit Narben, die tiefer gehen als nur die vom Absturz in den Bergen Pakistans. Dass seine Bruchlandung der Start eines neuen Lebensabschnitts wird, ist klassisches Abenteuerkino auf Papier. Doch Sterne macht daraus mehr als eine simple Schatzjägergeschichte. Adler wird durch Zufall, Mut und eine gehörige Portion Pech in eine Welt aus Spionage, Machtspielen und exotischen Schauplätzen hineingezogen und das mit einem emotionalen Unterton, der ihn deutlich von anderen Genrehelden abhebt.

Die Kunst der Ligne claire 

Wer Hergé oder Jacobs liebt, wird hier ins Schwärmen geraten. Sternes Zeichenstil orientiert sich klar an der Ligne claire, jener klaren, reduzierten Strichführung, die die frankobelgische Schule berühmt gemacht hat. Doch Sterne kopiert nicht er entwickelt weiter. Seine Panels sind voller Leben, die Hintergründe detailverliebt, aber nie überladen. Besonders beeindruckend ist, wie Licht und Schatten in den Szenen eingesetzt werden, um Atmosphäre zu schaffen. Man spürt förmlich die Hitze der pakistanischen Sonne oder die stickige Luft in einem indischen Basar.

Exotik, Spannung und Menschlichkeit

Was Adler von vielen anderen Abenteuerserien unterscheidet, ist die Mischung aus Action und Nachdenklichkeit. Sterne lässt seinen Protagonisten leiden, zweifeln und scheitern ohne ihn je als tragischen Helden darzustellen. Die Schauplätze, von den Gebirgen Pakistans bis zu den Metropolen Indiens, sind mehr als nur Kulisse. Sie spiegeln Adlers innere Reise wider: ein Mann auf der Suche nach Freiheit, Liebe und vielleicht auch Vergebung. Die exotische Atmosphäre ist greifbar, aber nie kitschig und das macht die Serie so angenehm geerdet.

Das Dossier ein Schatz für Fans

Ein echtes Highlight dieser Integral-Ausgabe ist das 49 Seiten starke Dossier. Hier wird René Sterne selbst zum Protagonisten: Skizzen, Interviews, Entwürfe und Anekdoten zeigen den Schöpfer als Perfektionisten mit Herzblut. Man erfährt viel über seine Arbeitsweise, seine Inspirationen und seine Liebe zum Detail. Für Comicliebhaber ist das fast schon eine kleine Werkschau und für Neuleser der perfekte Einstieg in Sternes Universum.

Ein stimmiges Gesamtkonzept

Das Buch ist hervorragend gestaltet: hochwertiges Papier, klare Drucke, satte Farben. Der Übergang von den Comics zum redaktionellen Teil ist fließend, fast filmisch. Man spürt, dass die Herausgeber hier mit Respekt und Sorgfalt ans Werk gegangen sind. Die Edition ist nicht einfach eine Wiederveröffentlichung, sondern eine liebevolle Hommage an einen Künstler, der es verdient, neu entdeckt zu werden.

Ein Meisterwerk in drei Akten

Adler Integral 1 ist mehr als nur ein nostalgischer Rückblick auf die goldene Ära der frankobelgischen Comics. Es ist ein modernes Leseerlebnis, das zeigt, wie viel erzählerische Kraft in klassischen Formen steckt. René Sterne gelingt es, Spannung und Emotion so fein zu verweben, dass man den Band kaum aus der Hand legen möchte. Langjährige Comicfans werden den Band als liebevolle Wiederbegegnung feiern, Neueinsteiger als Entdeckung eines erzählerischen Schätzchens. Sterne erzählt Abenteuer, die altmodisch wirken könnten aber gerade dadurch zeitlos sind. Die visuelle Qualität ist atemberaubend. Jede Seite ist präzise komponiert, jede Farbe sitzt. In einer Zeit, in der viele Comics mit digitaler Überladung glänzen wollen, wirkt Sternes klare Linie erfrischend ehrlich und handwerklich makellos. Adler ist kein makelloser Abenteurer, sondern ein Mensch mit Ecken und Kanten. Das macht ihn sympathisch und glaubwürdig. Sterne schenkt ihm Tiefe, Verletzlichkeit und Stolz zugleich. Adler Integral 1 ist ein Pflichtkauf für Freunde klassischer Abenteuerkunst, ein fliegender Start in eine Serie, die Kopf und Herz gleichermaßen anspricht.

Vielen Dank an Kult Comics für die Bereitstellung des Rezensionsexemplars. 

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