Black Horizon 2: Hosianna

Die Überlebenden der Expedition durch die Schwarze Mauer kehren nach Kadingirra zurück, schweigen jedoch über ihre Erlebnisse. Das Quadriumvirat reagiert mit grausamen Strafen: Julie wird verkauft, Tobie in die Minen verbannt, Ben muss im Zirkus kämpfen – und Esther, die Tochter des Gouverneurs, erwartet ein besonderes, unheilvolles Schicksal.
Zwischen Himmel, Hölle und der Schwarzen Mauer
Nach dem atemlosen ersten Band setzt Black Horizon 2: Hosianna genau da an, wo der Vorgänger aufgehört hat – und das mit voller Wucht. Die Expedition hat das Unmögliche geschafft: Sie hat die Schwarze Mauer durchdrungen. Doch anstatt gefeiert zu werden, kehren die Überlebenden gebrochen, schweigsam und voller Geheimnisse nach Kadingirra zurück. Und diese Stille ist es, die den Machthabern missfällt. Schon hier zieht der Comic einen in ein düsteres Machtspiel hinein, das zwischen religiöser Symbolik, menschlicher Schwäche und totalitärem Wahn balanciert.
Wenn Strafe zum Schicksal wird
Die Härte, mit der das Quadriumvirat reagiert, ist nichts für zarte Gemüter. Julie, Tobie, Ben und Esther werden auf grausame Weise getrennt – jeder ihrem eigenen Albtraum ausgeliefert. Diese Bestrafungen sind nicht nur Mittel der Willkür, sondern wirken wie Prüfungen, die die Figuren durch die Hölle schicken, um sie vielleicht, irgendwann, zu reinigen. Besonders stark ist, wie Pelaez hier moralische Fragen mitreißend in Szene setzt: Schuld, Schweigen, Glauben – alles prallt ungebremst aufeinander.
Ein Ritt durch dystopische Welten
Blasco-Martinez’ Zeichnungen tragen enorm dazu bei, dass man dieses Universum geradezu körperlich spürt. Die Welt von Black Horizon ist roh, lebendig, gefährlich irgendwo zwischen antiker Mythologie, Science-Fiction und apokalyptischem Western. Jede Seite wirkt wie ein Filmstill: schmutzig, dramatisch, grandios ausgeleuchtet. Besonders in den Szenen in den Minen von Pandemonium oder im Zirkus entfaltet der Comic eine bedrückende Intensität, die man selten so stark im Medium sieht.
Biblische Schatten und wissenschaftliches Licht
Der Untertitel Hosianna ist kein Zufall. Pelaez spielt mit religiösen Symbolen, Bibelzitaten und pseudo-wissenschaftlichen Konzepten, als würde er versuchen, Schöpfungsgeschichte und Evolution zu versöhnen oder gegeneinander auszuspielen. Dabei wirkt nichts belehrend, sondern vielmehr wie ein poetischer Albtraum. Man merkt, dass hier jemand nicht einfach eine Story erzählen will, sondern eine Allegorie über den Menschen selbst entwirft – mit all seiner Hybris, seiner Angst und seiner Suche nach Erlösung.
Charaktere am Abgrund
Was den Comic besonders stark macht, ist die Entwicklung der Figuren. Jeder von ihnen ist gefangen – körperlich wie seelisch. Ben kämpft buchstäblich ums Überleben, Julie wird zur Ware degradiert, und Esther muss erkennen, dass ihre familiäre Herkunft kein Schutzschild ist, sondern eine Bürde. Diese Charakterstudien sind das emotionale Herzstück des Bandes. Gerade Esthers Weg entfaltet eine überraschende Tiefe – zwischen Vaterkonflikt, Verrat und einer aufkeimenden Erkenntnis über die wahre Natur ihrer Welt.
Tempo, Timing, Tonfall
Pelaez beweist erneut sein Gespür für Rhythmus. Hosianna ist kein Action-Feuerwerk, aber auch keine träge Dystopie. Es ist ein ständiges Wechselspiel aus Spannung und Stille, Explosion und Nachhall. Man liest diesen Band fast wie einen Film – mit präzisen Schnitten, dynamischen Perspektiven und einem Soundtrack, der im Kopf mitläuft. Die Szenenwechsel zwischen den Figuren sind fließend und steigern das Gefühl, dass alles miteinander verwoben ist.
Ein Kunstwerk aus Licht und Schatten
Optisch ist Black Horizon 2 schlicht atemberaubend. Der Zeichenstil von Blasco-Martinez verbindet Detailreichtum mit einer unglaublichen Energie. Die Lichtführung, die Farbpalette, die Körperhaltung der Figuren – alles erzählt mit. Besonders beeindruckend: Wie stark das visuelle Design die emotionale Wirkung der Geschichte unterstreicht. Hier arbeitet Text und Bild Hand in Hand, ohne dass eines das andere dominiert.
Hosianna und wehe uns!
Black Horizon 2 Hosianna ist kein Comic, den man einfach “liest” – man durchlebt ihn. Jede Seite schlägt wie ein Herzschlag, jeder Dialog sitzt auf den Punkt. Pelaez und Blasco-Martinez beweisen, dass Science-Fiction nicht nur Technik und Zukunftsvisionen braucht, sondern Mut, Philosophie und Gefühl. Der Band ist düsterer, komplexer und zugleich emotionaler als sein Vorgänger. Er weitet das Universum aus, ohne an Intensität zu verlieren, und bereitet das Feld für ein Finale, das man kaum erwarten kann.
Was Hosianna besonders macht, ist die Balance zwischen Gewalt und Gnade, zwischen Hoffnung und Verzweiflung. Es ist ein Comic, der weh tut aber auf die gute Weise. Optisch gesehen liefert der Band durchgängig auf hohem Niveau ab und untermalt, sie Story sehr stark. Nach dem ersten Band werden Julie, Tobie, Ben und Esther werden auf grausame Weise getrennt jeder ihrem eigenen Albtraum ausgeliefert. Kurz gesagt: Black Horizon 2 ist ein Werk, das Kopf und Herz gleichermaßen fordert. Und wenn am Ende ein stilles Hosianna bleibt dann vielleicht, weil dieser Ruf zugleich Erlösung und Warnung bedeutet. Ein grandioser zweiter Akt, der Lust auf das Finale macht.
Vielen Dank an den Splitter vermag für die Bereitstellung des Rezensionsexemplars.
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