Wer bist du zur Blauen Stunde? 1

Nach seinem Umzug fühlt sich Tasuku ausgegrenzt und fürchtet, dass sein Geheimnis auffliegt. Als er eine geheimnisvolle Frau trifft, findet er in ihrem Haus einen Ort des Verständnisses und der Hoffnung.
Zwischen Schweigen und Selbstfindung: Tasukus erste Schritte
Der Manga Wer bist du zur blauen Stunde?beginnt mit einem Gefühl, das viele queere Jugendliche nur allzu gut kennen: das Zerrissensein zwischen dem Wunsch, dazuzugehören, und der Angst, entdeckt zu werden. Tasuku, der Protagonist, zieht in eine neue Stadt und erlebt dort einen klassischen Neustart allerdings keinen besonders glücklichen. In seiner neuen Schule wird er schnell zur Zielscheibe von Gerüchten, insbesondere über seine Sexualität. Der Druck steigt, bis er glaubt, am Tiefpunkt seines Lebens angekommen zu sein. Was mir da aber insgesamt noch zu wenig passiert ist, dass er sich mit sich selbst mehr auseinandersetzt, da hat die Reihe in meinen Augen noch Luft nach oben. Was mir hier aber sehr gut gefällt sind die Figuren, die hier eingeführt werden und die eine ganz besondere Atmosphäre schaffen, da muss ich sagen sammelt der Manga einige Pluspunkte.
Der Sprung und ein neuer Anfang
Doch gerade in diesem Moment, als Tasuku innerlich zusammenzubrechen droht, beobachtet er eine scheinbar schockierende Szene: Eine Frau stürzt sich aus dem Fenster eines Hauses. Doch anstatt auf einen tragischen Unfall zu stoßen, beginnt hier etwas fast Magisches. Die Frau ist unverletzt, begegnet ihm mit Gelassenheit und scheint bereits viel über ihn zu wissen, Frau Jemand. Und damit öffnet sich für Tasuku eine neue Tür zu einem Ort, den sie Haus der Gespräche nennt.
Das Haus der Gespräche Zuflucht für Suchende
Dieses Haus ist kein gewöhnlicher Ort, sondern ein sicherer Hafen für Menschen, die nicht in die gängigen Raster passen. Queere Identitäten, Sorgen, Wünsche und der Kampf um Selbstakzeptanz haben hier Raum. Für Tasuku beginnt eine ganz neue Reise nicht nur durch Gespräche mit der geheimnisvollen Frau Jemand, sondern auch mit anderen Menschen, die ähnliche Kämpfe ausfechten. Hier wird das Coming-out nicht als Ziel, sondern als Prozess dargestellt.
Sensible Themen, ehrliche Erzählweise
Was den Manga besonders macht, ist sein respektvoller, ruhiger und dennoch eindringlicher Ton. Wer bist du zur blauen Stunde? schreit nicht, sondern flüstert und genau das verleiht der Geschichte ihre Tiefe. Die queeren Themen werden nicht dramatisiert, sondern authentisch behandelt. Dabei geht es nicht nur um sexuelle Orientierung, sondern auch um Einsamkeit, Angst vor Ablehnung und den Wunsch nach Akzeptanz.
Viel Raum für leise Zwischentöne
Die Erzählweise ist bewusst langsam und bietet Raum zum Nachdenken. Viele Panels bleiben wortlos, überlassen der Mimik, der Atmosphäre und der Symbolik die Bühne. Das erfordert etwas Geduld beim Lesen, wird aber belohnt durch subtile, ehrliche Charakterentwicklung. Tasukus Unsicherheit, seine inneren Konflikte sie wirken nie überzogen oder klischeehaft, sondern unglaublich nahbar.
Der Zeichenstil zart und ausdrucksstark
Optisch überzeugt der Manga mit einem eher schlichten, aber sehr gefühlvollen Zeichenstil. Die Linien sind weich, die Mimik oft reduziert, aber aussagekräftig. Oft wirkt es, als würde der Manga selbst atmen, als hätte jedes Bild ein eigenes Gefühl gespeichert.
Eine Geschichte, die mehr fragt als antwortet
Wer bist du zur blauen Stunde? gibt keine schnellen Lösungen. Es geht nicht um ein klares Happy End oder um die perfekte Selbstfindung. Vielmehr begleitet man Tasuku dabei, wie er lernt, Fragen zu stellen über sich selbst, über andere, über Zugehörigkeit. Das macht den Manga so realistisch und gleichzeitig so besonders.
Ein Band, der nachwirkt
Band 1 ist mehr als nur ein Einstieg. Er legt den emotionalen Grundstein für eine Geschichte, die tief unter die Haut geht. Der Mix aus leisen Tönen, offenen Gesprächen und einem Ort, der wie eine seelische Zuflucht wirkt, macht den Auftakt dieses Mangas zu einem kleinen Erlebnis. Und obwohl viele Fragen offenbleiben, fühlt man sich hier nicht verloren eher im Gegenteil: behutsam an die Hand genommen.
Ein sanfter, ehrlicher Start in eine queere Reise
Wer bist du zur blauen Stunde? Band 1 ist ein ruhiger, aber guter Auftakt einer Geschichte, die noch etwas vorhat. Gerade weil hier nicht laut geschrien oder dramatisch enthüllt wird, sondern weil jedes Gefühl seinen Platz bekommt, entfaltet der Manga seine volle Stärke. Er zeigt, wie verletzlich, aber auch wie kraftvoll Selbstakzeptanz sein kann, besonders in einer Welt, die oft andere Erwartungen hat.
Tasuku ist ein zutiefst menschlicher Protagonist, und sein innerer Konflikt ist greifbar. Wer selbst queere Erfahrungen gemacht hat oder sich für authentisches Storytelling interessiert, wird sich hier nicht nur verstanden fühlen, sondern auch ein Stück begleitet. Es ist dieser leise Mut, der den Manga so lesenswert macht kein Knall, sondern ein warmes Leuchten in der Dämmerung. Von Tasuku wünsche ich mir noch, dass er sich mehr mit sich selbst beschäftigt und zugleich bin auf seine weitere Reise gespannt. Absolut stark ist die Welt an sich und auch die Figuren die hier, eingeführt werden und die wir kennenlernen dürfen. Gerade die die sich selbst in einem inneren Suchprozess befinden, finden in dieser Geschichte ein wichtiges Gegengewicht. Der Manga bietet keine Heldenreise im klassischen Sinn, sondern vielmehr eine Einladung, sich selbst in Frage zu stellen ohne Urteil, aber mit viel Herz.
Auch stilistisch überzeugt der erste Band mit einem feinen Gespür für Atmosphäre und Timing. Die Panels wirken manchmal fast wie poetische Momentaufnahmen. Nichts ist überfrachtet, alles hat Raum zu atmen ein seltener, fast meditativer Erzählstil, der sich wohltuend von vielen anderen Werken im Genre abhebt. Abschließend lässt sich sagen: Wer leise Geschichten mag, in denen echte Emotionen nicht plakativ, sondern ehrlich erzählt werden, wird Wer bist du zur blauen Stunde? lieben. Band 1 ist der Auftakt zu einer einfühlsamen Reise und macht definitiv Lust auf mehr.
Vielen Dank an den Carlsen Verlag für die Bereitstellung des Rezensionsexemplars.
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