Super-GAU

In Super-Gau erzählt Bea Davies anhand kunstvoller Zeichnungen die miteinander verwobenen Geschichten von acht Menschen in Japan und Berlin, deren Leben durch die Fukushima-Katastrophe 2011 beeinflusst wurden.
Zwischen Berlin und Fukushima, eine Graphic Novel über globale Verflechtungen
Mit Super-GAU gelingt Bea Davies etwas Außergewöhnliches: Sie verbindet ein weltbewegendes Ereignis mit ganz persönlichen Geschichten und zeigt dabei, wie nah eine Katastrophe plötzlich sein kann, auch wenn sie tausende Kilometer entfernt geschieht. Die Graphic Novel erzählt vom 11. März 2011, als ein Erdbeben, ein Tsunami und schließlich die Reaktorkatastrophe von Fukushima Japan erschütterten und auf subtile Weise auch Menschen in Berlin beeinflusst.
Acht Menschen, eine Katastrophe und viele Verbindungen
Davies erzählt in Super-GAU nicht die Geschichte einer Person, sondern gleich acht. Acht Menschen, deren Leben kaum unterschiedlicher sein könnten, aber durch die Ereignisse in Japan auf verborgene Weise verknüpft sind. Mal direkt, mal über Gedanken, Erinnerungen oder Entscheidungen. Diese fragmentierte Erzählweise ist fordernd, aber auch lohnend sie erinnert daran, wie komplex unsere Welt ist und wie vernetzt unsere Geschichten tatsächlich sind.
Ein Tag, der vieles veränderte
Was die Graphic Novel besonders macht, ist der Blick für das scheinbar Nebensächliche. Es geht nicht nur um den großen Knall das Beben, den GAU, sondern auch darum, was dieser Tag in den Köpfen und Herzen der Menschen auslöst. Wie sich Alltag plötzlich fremd anfühlt. Wie man anfängt, Nachrichten anders zu lesen. Oder sich fragt, was Sicherheit eigentlich bedeutet.
Zeichnungen mit emotionalem Tiefgang
Bea Davies’ Zeichenstil ist klar, unaufdringlich und dabei unglaublich ausdrucksstark. Mit feinem Strich und sensibler Farbgebung schafft sie es, Stimmungen einzufangen, ohne überdramatisch zu werden. Gerade in den stillen Momenten ein Blick, ein Zögern, eine kurze Szene in der U-Bahn liegt eine große Kraft. Das Visuelle unterstützt hier nicht nur die Erzählung, es trägt sie.
Keine einfache Chronologie und gerade deshalb spannend
Wer auf eine lineare Handlung hofft, wird in Super-GAU nicht fündig. Die Geschichte springt zwischen Orten, Perspektiven und Zeiten. Das fordert Aufmerksamkeit belohnt aber mit einem vielschichtigen Mosaik an Eindrücken. Man muss mitdenken, die Fäden selbst verknüpfen, doch genau das passt zur Thematik: Die Welt ist keine einfache Erzählung. Sie ist komplex, brüchig, mehrdeutig.
Fukushima als Auslöser für Reflexion
Die Katastrophe selbst ist präsent, aber nie voyeuristisch oder sensationslüstern. Stattdessen fungiert Fukushima als Auslöser für innere Bewegungen. Die Charaktere beginnen zu reflektieren: über Verantwortung, Nähe und Distanz, technologische Abhängigkeit oder das, was man im Leben wirklich beeinflussen kann. Diese Nachdenklichkeit macht die Lektüre eindringlich und nachhaltig.
Zwischen persönlichem Schicksal und globaler Krise
Was Super-GAU so stark macht, ist seine Balance zwischen dem Großen und dem Kleinen. Der Comic zeigt, wie sehr globale Ereignisse in persönliche Lebenswelten eindringen können ohne dabei pathetisch zu werden. Es sind keine Heldengeschichten, keine Rettungsaktionen – es sind leise Momentaufnahmen, die nachhallen.
Berlin als Spiegelbild einer erschütterten Welt
Auch Berlin ist mehr als nur ein Schauplatz. Es wird zur Projektionsfläche für Unsicherheit, kulturelle Distanz und die Frage, wie wir als Gesellschaft mit Katastrophen umgehen, die wir „nur“ medial erleben. Die Diskrepanz zwischen Informationsflut und emotionaler Betroffenheit ist ein zentrales Thema – und wird klug durch die Figuren gespiegelt.
Eine Graphic Novel, die mehr fragt als antwortet
Was nach der Lektüre bleibt, sind weniger Antworten als Fragen – und das ist ganz im Sinne der Autorin. Super-GAU zwingt uns nicht in eine moralische Richtung, sondern lädt dazu ein, hinzusehen und zu hinterfragen. Es ist eine Geschichte, die den Leser ernst nimmt – und genau das macht sie so besonders.
Leise, klug und tief bewegend
Super-GAU ist keine spektakuläre Katastrophenerzählung sondern ist eine leise, vielstimmige Reflexion über die Art und Weise, wie wir als Menschen auf Erschütterungen reagieren. Bea Davies gelingt es, das Abstrakte greifbar zu machen, das Globale ins Persönliche zu ziehen und dabei nie den Respekt vor dem realen Leid aus den Augen zu verlieren. Der Comic ist durchdacht, vielschichtig und emotional intelligent. Man spürt wie viel Feingefühl und Recherche in dieses Werk geflossen sind. Und obwohl das Thema schwer wiegt, wirkt Super-GAU nie überladen sondern stets menschlich und zugänglich. Was bleibt, ist eine Erzählung, die sowohl inhaltlich nachwirkt. Die klare Bildsprache, kombiniert mit der zurückhaltenden, aber präzisen Erzählweise, macht das Buch zu einem echt tollen Leseerlebnis. Super-GAU ist für jene die keine schnellen Lösungen erwarten, sondern bereit sind, sich auf Komplexität einzulassen und auch auf ein ruhiges Tempo. Gerade wenn wir uns das Ende anschauen musste ich an der ein oder anderen Stelle schlucken. Für mich persönlich insgesamt ein schneller, aber auch wie schon erwähnt ein sehr ruhiger Band. Für mich insgesamt eine Empfehlung.
Vielen Dank an den Carlsen Verlag für die Bereitstellung des Rezensionsexemplars.
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