Mystique Auf der Jagd

Nach Krakoas Fall jagt der gefallene SHIELD-Agent Nick Fury die gefährliche Gestaltwandlerin Mystique, die ein Black-Op-Team in Frankfurt angreift. Ein persönliches Katz-und-Maus-Spiel beginnt – ohne Regeln.
Mystique: Auf der Jagd Spionage, Täuschung und jede Menge Drama
Declan Shalvey hat mit Mystique: Auf der Jagd eine Miniserie geschaffen, die sich wie eine Mischung aus klassischem Spionage-Thriller, düsterer Superheldengeschichte und Charakterdrama liest. Die deutsche Erstveröffentlichung in einem Sammelband macht es besonders angenehm, das Ganze in einem Rutsch durchzuziehen und glaubt mir, wenn man einmal anfängt, ist es schwer, wieder aufzuhören.
Ein explosiver Einstieg
Der Comic wirft uns direkt ins Geschehen: Mystique taucht aus dem Nichts auf, überrennt ein Black-Ops-Team in Frankfurt und sorgt damit für ordentlich Chaos. Schon dieser Auftakt zeigt, dass Shalvey keine Lust auf langes Vorgeplänkel hat. Stattdessen geht es sofort um Täuschung, Verfolgung und jede Menge Action. Wer Mystique kennt, weiß, dass man ihr nie trauen kann und hier wird das wieder eindrucksvoll deutlich.
Nick Fury am Tiefpunkt
Interessant ist vor allem die Figur des Nick Fury. Normalerweise kennen wir ihn als abgeklärten Strippenzieher, hier aber sehen wir eine Version, die abgestürzt und angeschlagen wirkt. Gerade das macht seinen Jagdinstinkt auf Mystique so spannend: Er braucht dieses Katz-und-Maus-Spiel fast genauso sehr wie sie. Shalvey zeichnet Fury nicht als unfehlbaren Agenten, sondern als jemanden, der zwischen Rache, Pflicht und Selbstzerstörung schwankt.
Spionage-Flair mit Marvel-Twist
Wer auf klassische Spionage-Stoffe steht, bekommt hier einiges geboten: geheime Operationen, Doppelspiele, dubiose Organisationen und ein mysteriöses Projekt namens „Protozoa“. Doch Shalvey kombiniert diese Agentenwelt clever mit der Mutanten-Dimension von Mystique. So entsteht ein ganz eigener Ton, irgendwo zwischen Mission: Impossible und X-Men.
Mystique in Hochform
Natürlich lebt die Serie von ihrer Hauptfigur. Mystique ist nicht nur eine Gestaltwandlerin, sie ist auch eine Meisterin der Manipulation. Shalvey versteht es, sie als Antiheldin zu inszenieren: mal brutal, mal verführerisch, mal erschreckend kalt. Es ist genau diese Unberechenbarkeit, die die Geschichte so fesselnd macht. Man weiß nie, ob sie wirklich einen Plan verfolgt oder einfach nur improvisiert – und das macht sie brandgefährlich.
Starke Bilder, starker Rhythmus
Da Shalvey sowohl Autor als auch Zeichner ist, greift hier alles ineinander. Seine Panels sind dynamisch, die Action-Szenen wirken hart und kantig, und in ruhigeren Momenten schafft er es, Spannung allein über Blicke und Gesten aufzubauen. Besonders gelungen: die europäische Kulisse mit Frankfurt als Schauplatz. Das gibt dem Comic einen erfrischend anderen Look, fernab der üblichen US-Metropolen.
Ein Spiel ohne Regeln
Je weiter die Geschichte voranschreitet, desto deutlicher wird, dass es hier keine klaren Fronten gibt. Weder Fury noch Mystique agieren nach den klassischen Helden- oder Schurken-Schemata. Alles wirkt wie ein chaotisches Schachspiel, bei dem beide ständig Figuren opfern müssen, um einen Schritt voraus zu bleiben. Das hält die Spannung bis zum Schluss aufrecht.
Mehr als nur ein Spionage-Comic
Shalvey gelingt es, eine Brücke zwischen Agenten-Thriller und Mutanten-Abenteuer zu schlagen. Dabei bleibt die Serie immer schnörkellos, direkt und intensiv. Wer Lust auf eine düstere, packende Geschichte hat, die weder Fury noch Mystique mit Samthandschuhen anfasst, wird hier bestens bedient.
Fazit
Mystique Auf der Jagd ist ein Comic, der genau weiß, was er sein will: ein knallharter Spionage-Thriller mit Marvel-Figuren. Das funktioniert erstaunlich gut, weil Shalvey die Balance zwischen Action und den Figuren trifft. Mystique ist faszinierend wie eh und je, und Fury bekommt eine neue, verletzliche Dimension, die man so selten gesehen hat.
Besonders stark ist der Umgang mit dem Spannungsfeld zwischen Identität und Täuschung. Mystique kann jede Rolle annehmen, aber wer ist sie wirklich? Fury wiederum versucht, in einem Netz aus Lügen seinen eigenen moralischen Kompass nicht zu verlieren. Diese beiden Figuren gegeneinander auszuspielen, ist der eigentliche Reiz der Serie. Auch visuell überzeugt der Band auf ganzer Linie. Shalveys kantiger Stil bringt die Härte der Action-Szenen perfekt rüber, während die Farbgebung das düstere, paranoide Spionage-Feeling verstärkt. Natürlich ist Mystique Auf der Jagd kein episches Großereignis im Marvel-Universum, dafür ist die Geschichte zu fokussiert und zu klein gehalten. Aber genau das ist ihre Stärke. Anstatt in Weltenrettung zu schwelgen, geht es um ein intimes, persönliches Duell, das von Emotionen, Täuschungen und knallharten Entscheidungen lebt. Unterm Strich ist dieser Band ein echter Geheimtipp. Mystique bekommt hier eine Bühne, die ihrer Komplexität gerecht wird, und Shalvey liefert eine Story, die spannend, stylisch und clever erzählt ist. Für Fans von Spionage-Action und düsteren Antihelden fast schon ein Pflichtkauf.
Vielen Dank an Panini Comics für die Bereitstellung des Rezensionsexemplars.
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