Marvel Must-Have: Thunderbolts Heftige Gegenwehr

General Ross alias Red Hulk stellt ein neues Thunderbolts-Team aus Punisher, Deadpool, Elektra und Agent Venom zusammen. Ihr erster brutaler Auftrag: In Südostasien einen diktatorischen Gamma-Waffen-Despoten stürzen.

Willkommen im Maschinenraum der Gewalt

Wer glaubt, das Marvel-Universum sei allein von strahlenden Helden wie Captain America und Iron Man geprägt, wird mit Thunderbolts – Heftige Gegenwehr eines Besseren belehrt. Dieses Comic holt die Drecksarbeit aus der Schattenwelt der Superhelden in den grellen Fokus. General Ross, mittlerweile als Red Hulk unterwegs, versammelt eine Gruppe Antihelden, die nicht gerade für Zurückhaltung bekannt sind. Deadpool, Punisher, Elektra und Agent Venom, das klingt nach einem explosiven Mix, und genau das bekommt man auch. Wer auf Subtilität hofft, ist hier falsch. Wer brachiale Action und moralische Grauzonen liebt willkommen zu Hause.

Das knallt, und zwar gewaltig

Schon auf den ersten Seiten wird klar: Diese Thunderbolts sind keine Boy Scouts. Ross rekrutiert seine Crew nicht mit Samthandschuhen, sondern mit Drohungen, Erpressung und jeder Menge Gewalt. Die Mission: Einen Diktator in Südostasien ausschalten, dessen Armee mit Gamma-Technologie aufgerüstet ist. Der Plot klingt wie ein Actionfilm der 80er und genau dieses Retro-Feeling bringt Daniel Way mit einem Augenzwinkern, aber ohne Ironie, auf den Punkt. Die Story ist geradlinig, laut, kompromisslos, ein roher Ritt durch das Chaos moderner Kriegsführung mit Superhelden-Flair.

Daniel Way: Action mit Haltung

Daniel Way versteht sein Handwerk. Der Mann weiß, wie man Charaktere mit maximalem Konfliktpotenzial aufeinander loslässt. Das Besondere: Er reduziert die Figuren nicht auf ihre ikonischen Rollen, sondern lässt zwischen all der Gewalt auch Menschlichkeit durchscheinen, sei es Punishers stoische Konsequenz, Deadpools Impulsivität oder Elektras kalte Berechnung. Die Dialoge sitzen, sind teils bissig, teils bedrückend, aber immer auf den Punkt. Way balanciert Chaos und Struktur gut und das bei einem Team, das kaum zu bändigen ist.

Steve Dillon: Harte Linien, harte Töne

Der Zeichenstil von Steve Dillon ist Geschmackssache, aber passt hier wie die Faust aufs Auge. Dillon war nie für überladenen Bombast bekannt. Seine klaren Linien, reduzierten Gesichtsausdrücke und teils nüchternen Bildkompositionen geben der brutalen Geschichte eine fast dokumentarische Kühle. Während andere Zeichner aus Explosionen visuelle Opern machen würden, bleibt Dillon sachlich.

Teamdynamik mit Sprengkraft

Besonders spannend ist die Gruppendynamik. Ross führt mit eiserner Hand, aber sein Team ist eine Zeitbombe. Deadpool provoziert, Agent Venom zweifelt, Elektra zieht ihre eigenen Pläne durch, und Punisher? Der macht einfach seinen Job – mit maximaler Effizienz. Es sind diese Spannungen, die den Comic so lebendig machen. Niemand vertraut dem anderen, und Loyalität ist hier keine Tugend, sondern ein temporärer Vorteil. Dass daraus trotzdem so etwas wie Teamwork entsteht, ist eine der clevereren Seiten des Comics.

Moral? Wird hier höchstens diskutiert

Thunderbolts Heftige Gegenwehr ist kein Comic für Schwarz-Weiß-Denker. Die Frage, ob Gewalt gerechtfertigt ist, wird nicht moralinsauer gestellt sie wird einfach gemacht. Und zwar in jeder nur erdenklichen Form. Der Comic bringt uns nicht zu einer Meinung, sondern konfrontiert uns mit Situationen, die unbequem sind. Wenn Ross zum Beispiel über zivile Kollateralschäden hinweggeht, bleibt das im Raum stehen, keine Entschuldigung, keine Rechtfertigung. Nur die brutale Realität einer Operation, bei der die Mittel oft über dem Ziel stehen.

Tempo ohne Atempause

Was der Comic hervorragend beherrscht, ist das Tempo. Es gibt kaum ruhige Momente, und wenn doch, dann nur, um die Spannung weiter zu erhöhen. Jede Szene treibt die Handlung voran, es gibt keine Füllseiten, keinen Leerlauf. Dabei verliert Way aber nie die Figuren aus dem Blick. Zwischen all der Gewalt finden sich überraschend intime Momente meist in Form kurzer, pointierter Dialoge. Das hebt den Comic über bloße Brachial-Action hinaus.

Für wen ist das was?

Fans von PunisherDeadpool oder Suicide Squad werden hier auf ihre Kosten kommen. Aber auch Leser:innen, die einfach mal eine andere Seite des Marvel-Universums kennenlernen wollen, sollten zugreifen. Wer allerdings mit blutiger Action, zynischen Charakteren und einem eher düsteren Blick auf das Heldentum nichts anfangen kann, sollte lieber Abstand halten. Thunderbolts ist kein Gute-Laune-Comic, sondern ein schmutziger Blick in die Keller der Superhelden-Moral.

Brutal, konsequent und tief

Thunderbolts Heftige Gegenwehr ist mehr als ein bloßer Action-Kracher. Ja, es gibt Explosionen, Schießereien, blutige Kämpfe – aber unter der Oberfläche brodelt ein zynisches Werk, dass zum Nachdenken anregt über Macht, Verantwortung und Moral. Es ist kein Comic, der belehren will. Es ist einer, der spüren lässt. Die Figuren sind alles andere als Helden im klassischen Sinne, und gerade das macht sie so spannend. Man weiß nie, was als Nächstes passiert, weil keiner dieser Charaktere nach bekannten Mustern funktioniert. Das macht die Geschichte unberechenbar und spannend bis zur letzten Seite. Steve Dillons Artwork ist nicht spektakulär im klassischen Superhelden-Sinne, aber unglaublich effektiv. Es unterstreicht die düstere, fast dokumentarische Tonalität des Comics und sorgt dafür, dass Gewalt nicht zur Show verkommt, sondern unangenehm real wirkt.

Die Handlung selbst ist simpel. Der Kontrast zwischen Auftrag und individueller Agenda sorgt für ständige Reibung, was die Story lebendig macht. Insgesamt ist Thunderbolts Heftige Gegenwehr ein wilder, kompromissloser Ritt durch das dunkle Herz des Marvel-Universums. Insgesamt aber auch ein Band, der nicht unbedingt in der Must-Have Reihe vertreten hätte sein müssen, wer 80s Actionfilme mag, kommt hier voll auf seine Kosten. 

Vielen Dank an Panini Comics für die Bereitstellung des Rezensionsexemplars. 

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