Habemus Bastard 1: Das notwendige Übel

Der Auftragskiller Lucien begeht einen folgenschweren Fehler und muss vor seinem rachsüchtigen Boss fliehen. Statt zu fliehen oder sein Aussehen zu ändern, versteckt er sich unter einer Priesterkutte in einem abgelegenen Dorf im französischen Jura – der wohl letzte Ort, an dem jemand ihn suchen würde.

Ein Auftragskiller in der Soutane –klingt verrückt? Ist es auch.

Lucien ist kein Mann für halbe Sachen. Ein Profi, der seinen Job als Auftragsmörder mit kalter Präzision erledigt – bis ein Fehler passiert. Ein einziger, aber einer zu viel. Sein Boss ist nicht gerade für Nachsicht bekannt, und so beginnt Lucien ein Spiel auf Leben und Tod. Statt zu fliehen oder sich zu verstecken wie jeder vernünftige Gangster, hat er eine geniale (und völlig absurde) Idee: Er schlüpft in die Rolle eines Priesters. Und zwar nicht irgendwo, sondern in einem verschlafenen Dorf im französischen Jura, wo die Kühe mehr Gespräche führen als die Einwohner.

Schwarzer Humor trifft auf kirchliche Kulisse

Was Schwartzmann hier abliefert, ist kein gewöhnlicher Thriller es ist eine bitterböse, aber extrem charmante Satire. Der Comic spielt gekonnt mit Klischees: der reuige Sünder, die naive Dorfgemeinde, der arglose Bischof, die hübsche Lehrerin mit Geheimnissen. Doch statt sich in abgenutzten Tropen zu verlieren, macht der Autor daraus ein irrwitziges Verwechslungsspiel voller Situationskomik und guten Dialoge. Lucien ist kein geläuterter Mensch eher ein Zyniker im Priesterhemd, der sein Dasein als Vater mit der gleichen Kälte analysiert, mit der er sonst Menschen aus dem Weg räumt.

Zeichnungen, die den Ton perfekt treffen

Sylvain Vallée, bekannt durch Werke wie Il était une fois en France, liefert hier eine Glanzleistung ab. Sein Strich ist kantig, lebendig und wunderbar expressiv. Die Figuren wirken wie echte Menschen mit kleinen Schwächen, Eigenheiten und Falten weit entfernt von idealisierten Comic-Helden. Besonders gelungen ist die Atmosphäre: das leicht verfallene Dorf, die grauen Himmel, die schummrigen Kirchenräume – alles wirkt real, aber mit einem Hauch filmischer Überzeichnung, der perfekt zum schwarzen Humor des Szenarios passt.

Eine Story zwischen Krimi, Komödie und Tragödie

Das notwendige Übel ist schwer in eine Schublade zu stecken. Einerseits bekommt man einen klassischen Gangsterplot mit Spannung und Gewalt, andererseits eine kluge Satire auf Moral, Religion und Doppelleben. Der Ton schwankt geschickt zwischen düster und absurd-komisch – mal lacht man laut, mal fragt man sich, ob man das überhaupt darf. Diese Balance zu halten, gelingt nur wenigen, aber Schwartzmann kriegt es hin: Die Geschichte ist makaber, aber nie zynisch.

Ein Priester mit Pistole – die Stärke liegt im Kontrast

Das Herzstück des Comics ist natürlich Lucien selbst. Er ist kein strahlender Held, kein Antiheld im klassischen Sinne – eher ein wandelnder Widerspruch. Als Priester muss er Buße predigen, obwohl er selbst nicht an Vergebung glaubt. Er beichtet seine „Sünden“ mit derselben Coolness, mit der er früher Aufträge erledigte. Und gerade das macht ihn faszinierend: Er verkörpert das moralische Chaos einer Welt, in der Gut und Böse längst ineinanderfließen.

Dialoge, die knistern wie alte Sicherungen

Was bei Habemus Bastard sofort auffällt, sind die pointierten, trockenen Dialoge. Schwartzmann schreibt mit Witz, aber auch mit Biss. Jeder Satz sitzt, jede Szene hat Timing. Es ist kein Klamauk, sondern feiner, oft bitterer Humor. Wenn Lucien zwischen Messwein und Makarov seine Gedanken ordnet, merkt man: Das ist ein Autor, der Figuren sprechen lässt, statt sie reden zu machen.

Ein visuelles Fest mit filmischem Flair

Vallée inszeniert viele Szenen fast wie in einem Tarantino-Film lange Einstellungen, detailreiche Mimik, pointierte Schnittmomente. Die Panels sind nie überladen, sondern klar und dynamisch komponiert. Besonders stark: der Kontrast zwischen der Idylle des Dorflebens und der latenten Bedrohung, die Lucien ständig begleitet. Jeder Blick, jede Geste verrät, dass hier jemand nur so tut, als gehöre er dazu.

Ein göttlich-kriminelles Vergnügen

Habemus Bastard 1 Das notwendige Übel ist ein grandioser Auftakt, der sofort Lust auf mehr macht. Schwartzmann und Vallée liefern gemeinsam ein Werk ab, das sich nicht entscheiden will, ob es Krimi, Komödie oder Charakterdrama sein will – und genau das ist seine Stärke. Der Comic spielt mit religiösen Symbolen, moralischen Fragen und gnadenlos schwarzem Humor, ohne je in Blasphemie oder platte Provokation abzurutschen. Die Figuren sind vielschichtig, das Tempo perfekt getaktet, und die Dialoge sprühen vor Leben. Besonders die Chemie zwischen Lucien und den Dorfbewohnern sorgt für einige der besten Momente irgendwo zwischen Slapstick und Tragödie. Visuell ist das Ganze ein sehenswertes Werk. Jede Seite zeigt, wie sehr Zeichnung und Erzählung hier Hand in Hand gehen. Kurz gesagt: Habemus Bastard ist eine göttliche Mischung aus Gangsterthriller und Satire. Wer Comics wie CastakaTyler Cross oder The Killer liebt, wird hier sofort Feuer fangen. Wenn man in Richtung Film geht, hatte ich hier definitiv einige Hot Fuzz Vibes. Und wer dachte, dass ein Auftragskiller als Priester eine absurde Idee sei der wird nach dieser Lektüre sagen: „Amen, das war notwendig.“

Vielen Dank an den Splitter Verlag für die Bereitstellung des Rezensionsexemplars. 

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