Batman Dark Age

Im Gotham des Jahres 2030 blickt der gealterte Bruce Wayne vom Rollstuhl aus zurück: auf den Mord an seinen Eltern 1957, den Vietnamkrieg, sein Treffen mit Superman und Kämpfe gegen Joker und Pinguin. Mark Russell und Mike Allred verbinden Batmans Werdegang eindrucksvoll mit der Historie unserer Welt.
Mit Batman Dark Age liefern Autor Mark Russell und Zeichner Mike Allred einen der ungewöhnlichsten Batman-Comics der letzten Jahre. Statt eines weiteren düsteren Gotham-Krimis servieren sie uns eine Zeitreise durch die Jahrzehnte, die nicht nur Batmans Lebensgeschichte, sondern auch die reale Geschichte Amerikas nachzeichnet. Das klingt erstmal nach einem gewagten Konzept, aber genau darin liegt der Reiz dieses Comics und das Konzept selbst hat mir wahnsinnig gut gefallen.
Ein Batman im Rollstuhl? Und dann ab in die Vergangenheit!
Die Rahmenhandlung spielt im Jahr 2030: Bruce Wayne ist alt, vergisst zunehmend wer er ist und blickt auf sein bewegtes Leben zurück. Schon dieser Einstieg ist ungewohnt, aber auch sofort fesselnd. In einer Art Rückblenden-Montage führt uns Bruce durch seine Kindheit im Jahr 1957, seine prägenden Jahre im Vietnamkrieg 1966, bis hin zu bizarren Aufeinandertreffen mit Superman und klassischen Schurken wie dem Joker oder dem Pinguin. Dabei wird schnell klar: Hier geht es nicht nur um Heldentum, sondern um eine persönliche, zutiefst menschliche Reise durch eine Zeit des Wandels.
Superheld trifft Zeitgeschichte
Einer der cleversten Kniffe von Dark Age ist die Einbettung der Batman-Mythologie in die reale Weltgeschichte. Der Vietnamkrieg ist nicht nur Kulisse, er beeinflusst Bruce fundamental. Der Kalte Krieg, soziale Unruhen, technologische Entwicklungen: All das ist nicht bloß Dekor, sondern aktiver Teil der Handlung. Dadurch wirkt Bruce Wayne plötzlich greifbarer, verletzlicher, politischer. Und das ist ein frischer Wind, der anderen Figuren und Geschichten auch gut tat.
Mike Allreds Pop-Art-Stil, Retro trifft Relevanz
Was optisch sofort ins Auge fällt, ist Mike Allreds unverkennbarer Stil. Wer Batman ’66 mochte, wird sich hier wie zu Hause fühlen und gleichzeitig überrascht sein, wie gut dieser retrofuturistische Look mit der ernsten Thematik harmoniert. Die Zeichnungen sind bunt und passen perfekt zur Handlung, sie sind fast schon ein Gegenentwurf zur modernen, düsteren Batman-Ästhetik. Und gerade deshalb funktioniert es so gut: Der Kontrast zwischen Form und Inhalt macht das Ganze spannend.
Mark Russell, der Satiriker unter den Batman-Autoren
Mark Russell ist bekannt für seine bissigen, klugen Geschichten (The Flintstones, Second Coming) und auch in Dark Age beweist er einmal mehr, dass er Superhelden nicht einfach wiedergibt, sondern analysiert. Seine Version von Bruce Wayne ist reflektiert, manchmal verbittert, aber immer aufrichtig. Und gerade wenn man denkt, man wüsste, was als Nächstes kommt, überrascht er mit einer neuen Wendung oder einem unerwarteten historischen Bezug.
Altbekannte Figuren, neu interpretiert
Ein weiterer Pluspunkt: Auch Batmans Gegenspieler bekommen neue Facetten. Der Joker ist hier weniger ein überzeichneter Clown als ein Symbol für den Wahnsinn der Gesellschaft. Der Pinguin wird zur Karikatur des Kapitalismus. Und Superman? Ist nicht nur der strahlende Held, sondern auch ein Spiegel amerikanischer Ideale, im Guten wie im Schlechten. Diese Neuinterpretationen wirken nicht gezwungen, sondern durchdacht und organisch. Gerade auch den Einbezug von Dick und dem hier etwas andren Rat der Eulen, fand ich spannend und zugleich passend zur Geschichte. Insgesamt hat mir der Werdegang von Bruce gefallen und auch wie man Selina hier einbettet fand ich absolut stark.
Für wen ist dieser Comic?
Dark Age ist kein klassisches Batman-Abenteuer und das ist seine große Stärke. Wer sich einfach nur einen actiongeladenen Kampf gegen das Verbrechen wünscht, könnte enttäuscht sein. Aber für alle, die Superhelden auch als kulturelle Reflexionsfläche sehen, ist dieses Werk ein absolutes Highlight. Es ist ein Comic, der durchweg Spaß macht und nicht belehrend und dabei nie den Spaß aus den Augen verliert.
Ein starkes Erlebnis mit Haltung
In einer Zeit, in der viele Batman-Geschichten sich wiederholen, gelingt Batman Dark Age das Kunststück, wirklich etwas Neues zu erzählen. Es ist eine Geschichte über Verlust, Wandel, Verantwortung und über das Menschsein in einer sich ständig verändernden Welt.
Mark Russell und Mike Allred haben kein reines Superheldenabenteuer geschrieben, sondern eine Art Superhelden-Memoir, das tiefgründig, politisch und emotional ist. Dabei wirkt nichts aufgesetzt: Die historischen Ereignisse sind nicht bloß Kulisse, sondern elementarer Bestandteil von Bruce Waynes Entwicklung. Und das macht diese Geschichte so besonders. Die Entscheidung, Bruce als alten Mann erzählen zu lassen, bringt eine melancholische, aber auch weise Perspektive in die Handlung. Man spürt: Hier blickt jemand zurück, der vieles gesehen, verloren und hinterfragt hat und genau das macht Dark Age so glaubwürdig und berührend. Auch optisch liefert der Comic ab. Allreds Stil ist vielleicht nicht jedermanns Sache, aber er passt perfekt zum Ton der Geschichte leichtfüßig und tiefgründig zugleich. Das Zusammenspiel aus Bild und Text funktioniert auf höchstem Niveau. Unterm Strich ist Batman Dark Age ein starker Comic, der nicht nur eingefleischte Batman-Fans begeistern dürfte, sondern auch alle, die Comics mal probieren wollen. Ein Buch, das hängen bleibt und das man gerne ein zweites Mal liest.
Vielen Dank an Panini Comics für die Bereitstellung des Rezensionsexemplars.
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