Bibliomania Master Edition

Alice erwacht in einem mysteriösen Anwesen, das alle Wünsche erfüllt. Um zu entkommen, muss sie bizarre Zimmer durchqueren und unheimliche Verwandlungen ertragen – bis sie erkennt, dass mehr als ihr eigenes Leben auf dem Spiel steht.

Einstieg in das Unheimliche

Von der ersten Seite an packt einen dieser Band. Der Einstieg mit dem Satz „Je weiter du dich von deinem Zimmer entfernst, desto stärker wird dein Fleisch verrotten …“ liefert sofort das Versprechen: Hier geht’s nicht mehr um süßen Lesestoff, sondern um etwas Verstörendes, das sich bewusst ins Groteske wagt.  In dieser Tonlage wandert man mit der jungen Protagonistin Alice durch eine Welt, die surreal und brutal zugleich daherkommt.

Atmosphäre und Setting

Das Setting wirkt wie eine alptraumhafte Bibliothek oder ein Herrenhaus voller Geheimnisse: Bücher haben eine Seele, Zimmer verbergen Albträume kurz gesagt: das Paradies, wenn man es so nennen will, ist voller Fallen. Die Idee, dass die Hauptfigur Alice in Zimmer 431 erwacht und sich durch bizarre Räume anderer Bewohner bewegen muss, um ihre Freiheit zurückzugewinnen, ist einfach wunderbar bizarr.  Dieses Konzept macht neugierig und ich war direkt angefixt. 

Bildsprache und Illustrationen

Illustrator Macchiro leistet hier hervorragende Arbeit. Die Zeichnungen sind nicht nur schön oder sauber sie transportieren Stimmung, Verfall und Transformation. Wenn Alice sich verändert, wenn Räume sich verzehren oder groteske Metamorphosen einsetzen, entsteht eine visuelle Spannung, die nachwirkt.

Charaktere und Handlung

Alice wirkt zunächst wie ein typisches junges Mädchen, das einfach nur weg will, weg aus diesem Raum, weg aus der surrealen Welt. Doch schon bald erkennt man, dass sie mehr ist als das. Ihre Reise durch die Räume wird zur Metapher für Verlust, Verwandlung, Identität. Besonders spannend finde ich, wie ihr Körper sich verändert. Die anderen Bewohner und ihre Zimmer, jeder Raum erzählt eine Geschichte, bringt ein Stück Psyche zutage, das man nicht einfach weghören kann. Hier wird nicht nur eine Geschichte erzählt, sondern auch ein Zustand gezeigt.

Themen und Tiefe

Was mich besonders beeindruckt hat: Bibliomania ist nicht nur Horror-Manga mit Schockwert. Hinter dem visuellen Spektakel steckt ein Nachdenken über Bücher, Geschichten, Freiheit und Selbstverlust. Dass Bücher lebendig sind, dass Räume die Psyche darstellen können, das sind starke Motive. Der Verlag nennt Horror als Genre.   Aber die Tiefe reicht darüber hinaus und der Band weiß zu jeder Zeit abzuliefern. 

Aufbau und Tempo

Der Band ist mit 330 Seiten groß, das erlaubt ein ausgedehntes Eintauchen.   Beim Lesen merkt man, wie langsam sich die Spannung aufbaut, wie Räume sich öffnen, wie Alice sich verändert. Es ist kein hektischer Action-Manga, sondern eher ein Sog-Manga: man lässt sich treiben, man lässt sich fallen. Und dann plötzlich merkt man, wie sehr man involviert ist.

Verarbeitung und Ausstattung

Als Master-Edition im Hardcover ist das Ding ein Statement. Großformat, gute Haptik, viele Seiten wer sein Regal liebt, bekommt hier etwas Besonderes. Der Verlag Manga Cult veröffentlicht diesen Einzelband im September 2025.   Auch die Übersetzung (von Rahel Niedermann) ist stimmig. Alles wirkt wertig nicht nur der Inhalt, auch die Präsentation.

Zielgruppe und Empfehlung

Wenn du Mangas liebst, die nicht einfach nur unterhalten, sondern dich reflektieren lassen, dann ist Bibliomania genau dein Ding. Wer visuelle Horror-Erlebnisse mag, wer mit Fragen über Literatur und Geist umgehen will, wird hier fündig. Allerdings: Wer leichte Kost sucht oder Einschlaf-Manga, sollte vielleicht Abstand nehmen – dieses Werk verlangt Aufmerksamkeit und gibt nicht einfach nur Action.

Fazit

Bibliomania hat mich überrascht. Ich dachte okay, Horror-Manga, aber es wurde mehr: Eine Reise in Räume und eines des Verfalles. Es lässt einen nicht einfach los, sondern formt einen nach. Die Geschichte von Alice, ihrem Erwachen, ihrem Durchqueren der Räume das bleibt. Die Metamorphosen, der Verfall ihres Körpers, die Stimmung all das erzeugt ein Gefühl, das mir gefallen hat und Richtung Ende bekommen wir einen starken Plottwist.  Gleichzeitig: Die visuelle Umsetzung ist exzellent. Macchiro zeichnet nicht nur Panels, sondern Stimmung. Jede Seite wirkt durchdacht, von der Ausstattung her (Hardcover, 330 Seiten) ist das keine Halb-Herzigkeit. Die Master Edition hebt das Ganze auf ein Niveau, dass erste Klasse ist. Ein kleines Aber gibt es: Der Ton ist düster. Das Tempo ist bedächtig und dann aber immer zunehmend. Wenn man gerade keine Lust auf Nachdenken, auf Halluzinationen, auf rätselhafte Räume hat, könnte man sich verlieren oder überfordert fühlen. Es ist kein Manga kurz nebenbei, sondern einer, der fordert und eben belohnt.

Mein persönliches Urteil: Wer offen ist für ein Manga-Erlebnis jenseits des Gewöhnlichen, wird mit Bibliomania ein der eindrucksvollstes Werk vorfinden. Es ist Horror, es ist Kunst, es ist Spiel mit Literatur und irgendwie auch Warnung: Pass auf, wohin du dich trägst, welche Räume du betrittst. Also: Kaufen? Ja, vorbehaltlos. Aber mit der Einstellung: Ich will mich einlassen. Nicht nur lesen. Eintauchen. Und am Ende ein bisschen verändert wieder auftauchen.

Vielen Dank an Cross cult für die Bereitstellung des Rezensionsexemplars. 

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