Arsène Lupin gegen Sherlock Holmes 

In der Normandie soll ein Alchemist das Geheimnis entdeckt haben, Blei in Gold zu verwandeln. Arsène Lupin ermittelt verkleidet als Vicomte d’Avenac, doch Sherlock Holmes verfolgt ihn, um ihn endgültig zu stellen. An der Seine kommt es zu einem tödlichen Duell zwischen den beiden Rivalen.

Ein Aufeinandertreffen, das man einfach lesen muss

Wenn zwei der größten Köpfe der Kriminalliteratur aufeinandertreffen, kann das eigentlich nur knistern. Arsène Lupin gegen Sherlock Holmes liefert genau das und noch ein bisschen mehr. Das Szenario stammt von Maurice Leblanc und Jérôme Félix, die es verstehen, das Aufeinandertreffen dieser beiden Ikonen mit Witz, Tempo und einem Hauch von Ironie zu inszenieren. Schon die Ausgangslage klingt herrlich verrückt: Ein Alchemist in der Normandie will Blei in Gold verwandelt haben und schon sind Lupin und Holmes mitten in einer Geschichte, die zwischen Genie, Gier und Gaunerei pendelt.

Ein Gentleman-Gauner mit Stil

Arsène Lupin ist hier wieder ganz der charmante Schurke, den man trotz seiner kriminellen Ader einfach mögen muss. Als Vicomte Raoul d’Avenac mischt er sich unter die High Society und spielt sein Katz-und-Maus-Spiel mit gewohnter Eleganz. Seine Dialoge sprühen vor Esprit, und seine Maskerade ist so perfekt, dass selbst wir manchmal zweifelten, wer gerade wen hinters Licht führt. Diese charmante Doppelbödigkeit macht Lupin einfach unwiderstehlich ein Dieb, der klaut, aber dabei stets mit Stil.

Holmes als Gegenspieler kühl, brillant und gnadenlos

Sherlock Holmes dagegen ist hier nicht der überlegene Detektiv, der alles durchschaut, sondern ein Mann auf einer persönlichen Mission. Leblanc und Félix zeigen ihn von einer raueren, beinahe besessenen Seite: Holmes will Lupin nicht nur überführen, sondern vernichten. Das ist spannend, weil es ihn menschlicher macht. Er ist nicht nur Verstand – hier blitzt auch verletzter Stolz auf. Und genau das verleiht dem Duell Tiefe: Es geht nicht nur um Verbrechen, sondern um Ehre, Intelligenz und Schuld. 

Spannung zwischen Logik und Leidenschaft

Was Arsène Lupin gegen Sherlock Holmes so fesselnd macht, ist die Dynamik zwischen den beiden. Während Holmes alles berechnet und rationalisiert, folgt Lupin oft seiner Intuition und seinem Instinkt. Dieses Spannungsfeld zieht sich durch die gesamte Handlung. Das Resultat ist ein packendes Wechselspiel aus Täuschung, Deduktion und gegenseitiger Bewunderung. Niemand kann dem anderen so recht trauen und doch sind sie sich in ihrer Genialität ebenbürtig. Gerade was nach dem Duell passiert, fand ich persönlich sehr sehr stark und hat den Band noch in eine spannendere Richtung fast gedrückt. 

Ein visuell starkes Werk, die Zeichnungen von Alain Janolle

Die Illustrationen von Alain Janolle sind ein Genuss. Sein Strich ist dynamisch, elegant und passt perfekt zu den Figuren. Janolle versteht es, Atmosphäre zu schaffen – sei es im Nebel Londons, in den Salons der Pariser Oberschicht oder an den Küsten der Normandie. Die Mimik der Figuren ist ausdrucksstark, die Farben wirken satt und zugleich stilvoll zurückhaltend. Man merkt: Hier hat jemand Spaß daran, Geschichte und Spannung in Bilder zu fassen.

Tempo, Wortwitz und ein Schuss Ironie

Trotz der ernsten Töne verliert die Geschichte nie ihren Charme. Der Dialog zwischen Lupin und Holmes ist voller starker Momente, und die Handlung entwickelt ein gutes Tempo, ohne zu überhasten. Jérôme Félix gelingt es, die Essenz beider Figuren einzufangen, ohne dass eine übermächtig wirkt. Selbst in den ruhigeren Momenten bleibt Spannung spürbar und man ertappt sich dabei, wie man beiden gleichzeitig den Sieg gönnt.

Ein Duell, das in Erinnerung bleibt

Das Finale an der Seine ist spektakulär inszeniert. Die Begegnung auf Leben und Tod wirkt filmreif und liefert genau das, was man sich erhofft: ein intensives Duell der Köpfe, das keine einfachen Antworten gibt. Man spürt die Rivalität, den Respekt – und den leisen Hauch von Tragik, der über allem liegt. Dieses Werk ist nicht nur eine unterhaltsame Geschichte, sondern auch eine liebevolle Hommage an zwei literarische Ikonen. Leblanc und Félix beweisen, dass man klassische Figuren neu beleben kann, ohne sie zu verraten. Beide Charaktere bleiben ihren Ursprüngen treu und wirken dennoch frisch und modern.

Ob man nun eingefleischter Lupin- oder Holmes-Fan ist, spielt keine Rolle – beide Seiten kommen auf ihre Kosten. Wer Lupin liebt, wird seine Cleverness feiern; wer Holmes bevorzugt, darf seine Scharfsinnigkeit bewundern. Und wer beide mag, bekommt hier ein Festmahl der Intelligenz. Die Symbiose aus Félix’ Skript und Janolles Zeichnungen funktioniert wunderbar. Das Werk liest sich flüssig, sieht großartig aus und transportiert das historische Setting mit Leichtigkeit. Es ist einer dieser Comics, die man am liebsten zweimal liest, einmal wegen der Story, und einmal nur, um die Details der Panels zu genießen. Arsène Lupin gegen Sherlock Holmes ist ein stilvolles, clever inszeniertes Krimi-Duell, das Klassiker-Charme mit moderner Comic-Kunst verbindet – ein Muss für alle, die Spaß an Raffinesse, Rivalität und richtig gut erzählter Spannung haben.  Das Ende hat finde ich dem Ganzen noch die Krone aufgesetzt.

Vielen Dank an den Splitter Verlag für die Bereit des Rezensionsexemplars. 

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