Die 5 Reiche 14: Alles Feinde

Khalden überbringt seinem Vater die Nachricht vom Sieg über Astrelia, während Yern Holdan mit seinen Truppen nach Arnor zurückkehrt. Dort soll er die rebellischen Wölfe aufspüren, sie ausschalten und den gefangenen Königssohn Genkin befreien – doch die scheinbar klare Mission entpuppt sich schnell als weitaus komplizierter. 

Ein eiskalter Auftakt mit klarer Mission – oder etwa nicht?

In Alles Feinde, dem 14. Band der hochgelobten Fantasyreihe Die 5 Reiche, verschlägt es uns wieder mitten ins Getümmel der Machtspiele und Kriegswirren. Khalden bringt seinem Vater stolz die Nachricht vom Sieg über die Flotte von Astrelia während Yern Holdan mit stoischer Entschlossenheit in die Gefilde von Arnor zurückkehrt. Seine Mission klingt zunächst simpel: Rebellen jagen, den gefangenen Prinzen Genkin retten, das Königreich stabilisieren. Doch wie so oft in dieser Serie steckt der Teufel im Detail und hinter jeder Entscheidung lauert Verrat, Pflichtkonflikt oder ein stiller Dolchstoß.

Willkommen im Reich der Bären

Nach den mediterran angehauchten Raubkatzen und dem asiatisch inspirierten Reich der Affen führt uns der dritte Zyklus nun in die nordischen Länder der Bären ein Schauplatz, der so rau ist wie seine Bewohner. Hier regieren Stärke, Ehre und Loyalität und doch ist nichts stabil. Das Klima ist hart, die Politik noch härter. Lewelyn schafft es, diese Atmosphäre mit wenigen, präzisen Szenen lebendig werden zu lassen: verschneite Landschaften, windgepeitschte Lagerfeuer, Blicke voller Misstrauen. Es ist, als würde man den Atem des Winters spüren, während man um das Schicksal der Reiche bangt.

Dialoge, die sitzen und Schweigen, das laut spricht

Ein Markenzeichen der Serie sind ihre knappen, aber intensiven Dialoge. Niemand redet zu viel, und gerade dadurch wirkt jedes Wort doppelt. Wenn Blicke töten könnten, würde hier kein Soldat lange überleben. Die Kommunikation läuft oft nonverbal – über Gesten, Mimik, Körpersprache. Das verleiht der Geschichte eine filmische Qualität, die man selten so präzise in Comics findet.

Zeichnungen, die Geschichten erzählen

Jérôme Lereculey beweist einmal mehr, dass er zu den ganz Großen seines Fachs gehört. Jede Seite ist ein Kunstwerk – detailverliebt, dynamisch und doch nie überladen. Die nordischen Landschaften sind majestätisch und bedrohlich zugleich. Besonders die Kampfszenen sind ein Fest: Man spürt das Gewicht der Waffen, das Knirschen des Schnees und die Wucht der Hiebe. Aber auch die ruhigen Momente, etwa wenn Soldaten am Feuer sitzen oder sich in stummem Zweifel verlieren, sind grandios inszeniert.

Ein erzählerischer Balanceakt

Alles Feinde ist kein laut krachender Actionband, sondern eher ein Kapitel des Übergangs. Lewelyn zieht die Spannung bewusst an, baut Figuren auf und verschiebt Machtverhältnisse. Wer nur Schlachten sucht, mag ungeduldig werden – doch wer die Serie kennt, weiß: Gerade in diesen ruhigeren Momenten bereitet sich das nächste Gewitter vor. Es ist ein Band, der leise brodelt, aber genau deshalb so faszinierend ist.

Ein Fantasy-Epos auf höchstem Niveau

Mit jedem neuen Teil wächst Die 5 Reiche weiter zu einem der komplexesten und schönsten Comic-Universen unserer Zeit. Lewelyn und Lereculey liefern keine einfache Fantasykost, sondern ein vielschichtiges Spiel aus Macht, Verrat, Mythos und Emotion. Die Parallelen zu Game of Thrones sind offensichtlich – aber Die 5 Reiche hat längst seine eigene Identität gefunden: etwas poetischer, bildstärker, aber ebenso gnadenlos.

Ein stilles Donnern im neidischen Reich der Bären. 

Alles Feinde ist kein Comic, den man einfach zwischendurch liest. Er ist ein Kapitel, das nachwirkt, weil es Fragen stellt statt Antworten zu geben. Es ist ein Übergang zwischen Schlacht und Intrige, zwischen Treue und Verrat ein Band, der die Figuren auf die nächste große Katastrophe vorbereitet. Wer die Serie liebt, weiß, dass ihre Stärke in der Charakterzeichnung liegt. Yern Holdan, Drun, Ludmir  jeder bekommt hier neue Facetten. Visuell spielt der Band in der Oberliga. Lereculey erschafft mit seinen Farben, Schatten und Perspektiven ein Gefühl von Weite und Kälte, das perfekt zur Thematik passt. Selbst die leisesten Szenen haben epische Wucht. Es passiert viel – aber vieles davon zwischen den ZeilenWer Alles Feinde zu schnell liest, verpasst die feinen Nuancen. Es ist ein Comic, der langsam reift, wenn man ihn wirken lässt. Ein Kapitel, das das Fundament für Großes legt. Wer sich auf die nordische Härte einlässt, wird mit einem Comic belohnt, der im Kopf nachhallt wie das Echo eines Bärenrufs über gefrorenen Seen.

Vielen Dank an den Splitter Verlag für die Bereitstellung des Rezensionsexemplars. 

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