Idol Escape 2

Ainosuke fühlt sich allein. Als er Idol Karen vor ihrem gewalttätigen Vater rettet, fliehen sie gemeinsam, um ihrem Schmerz zu entkommen. Ein emotionaler Abschluss über Liebe und Freundschaft. 

Ein bittersüßer Abschied voller Gefühl und Hoffnung

Eine emotionale Achterbahnfahrt geht weiter

Mit Idol Escape 2 bringt Ito Kira den bewegenden Abschlussband ihres Zweiteilers über Liebe, Schmerz und die Suche nach einem Platz in der Welt auf den Tisch – und das mit einer Wucht, die einen so schnell nicht loslässt. Nach dem intensiven ersten Teil, der bereits tief in Ainosukes Gefühlswelt eintauchte, geht es nun um alles: um Rettung, Flucht und das langsame Heilen alter Wunden. Die Geschichte nimmt uns mit auf eine Reise, die nicht nur geografisch ist, sondern vor allem emotional.

Ainosuke – zwischen Angst, Mut und Sehnsucht

Ainosuke bleibt die tragende Figur des Bandes, und seine Entwicklung ist schlichtweg beeindruckend. Vom unsicheren Jungen, der an der Ablehnung seines Vaters und seiner ersten Liebe zu zerbrechen drohte, wächst er zu jemandem heran, der Verantwortung übernimmt für sich und für andere. Besonders eindrucksvoll ist die Szene, in der er sich schützend vor Karen stellt. Es ist kein impulsiver Akt, sondern ein bewusster Schritt aus dem Schatten. Diese Entwicklung ist glaubwürdig erzählt und fühlt sich niemals überstürzt an.

Karen das Idol mit Rissen

Karen, das scheinbar perfekte Idol, bekommt im zweiten Band endlich mehr Tiefe. Hinter der Fassade der Strahlkraft und Eleganz verbirgt sich ein Mädchen, das ebenso gefangen ist in einem gewalttätigen Elternhaus und den Zwängen der Öffentlichkeit. Ihre Interaktionen mit Ainosuke sind ehrlich, roh und voller Nuancen. Es ist keine Liebesgeschichte im klassischen Sinn, sondern eine Begegnung zweier verletzter Seelen, die einander Halt geben – ohne sich zu retten. Diese Ehrlichkeit macht Idol Escape 2so besonders.

Die Flucht als Metapher

Die gemeinsame Flucht der beiden wird nicht einfach nur als Handlungselement genutzt sie steht sinnbildlich für das Loslösen von toxischen Strukturen. Ob es die Erwartungshaltungen der Gesellschaft sind, familiäre Gewalt oder internalisierte Scham Karen und Ainosuke versuchen, dem zu entkommen. Dabei bleibt Ito Kira realistisch: Nicht alles lässt sich mit einem Roadtrip lösen. Aber der Versuch, auszubrechen, wird zur ersten Bewegung in Richtung Heilung.

Der Zeichenstil sanft, verletzlich, stark

Auch optisch weiß der Manga zu überzeugen. Die Zeichnungen sind feinfühlig, atmosphärisch und legen großen Wert auf Mimik und Körpersprache. Gerade in stillen Momenten spricht die Bildsprache Bände. Die Panels wirken oft wie eingefrorene Gedanken – reduziert, aber voller Bedeutung. Ito Kira spielt hier meisterlich mit Licht, Schatten und Perspektive. Besonders in den Rückblenden entstehen regelrechte visuelle Knoten, die sich im Lauf der Geschichte entwirren.

Nebenfiguren wenig Raum, viel Wirkung

Obwohl der Fokus klar auf Ainosuke und Karen liegt, schafft es der Manga, auch den Nebenfiguren kleine, bedeutungsvolle Momente zu schenken. Besonders Ainosukes Vater erhält in Rückblenden eine Tiefe, die es schwer macht, ihn nur als Antagonisten zu sehen. Hier zeigt sich einmal mehr Ito Kiras Gespür für komplexe zwischenmenschliche Beziehungen, ohne in Pathos zu verfallen.

Die Sprache – klar und nah am Herzen

Die Dialoge in Idol Escape 2 wirken nie gekünstelt. Sie sind direkt, manchmal sperrig, aber immer authentisch. Auch innere Monologe werden sparsam, aber gezielt eingesetzt. Wenn Ainosuke über das Gefühl spricht, “nur aus Schatten zu bestehen”, dann trifft das mitten ins Herz – ohne kitschig zu sein. Die Sprache ist der stille Motor dieser Geschichte.

Kein klassisches Happy End aber Hoffnung

Was den Band so stark macht, ist sein Mut zur Ambivalenz. Es gibt keine perfekte Auflösung, keine blitzblanke Versöhnung. Stattdessen bleibt vieles offen – und doch fühlt sich das Ende rund an. Ainosuke und Karen sind nicht “geheilt”, aber sie haben sich bewegt, haben sich entschieden, nicht länger zu erstarren. Und manchmal ist das mehr als genug.

Idol Escape 2 ein leiser, aber kraftvoller Abschied

In einer Welt, die oft zu laut, zu schnell, zu fordernd ist, ist Idol Escape 2 ein Werk der Zwischentöne. Es erzählt von Trauma und Entfremdung, aber auch von Nähe und Vertrauen, ohne sich in Klischees zu verlieren. Die Geschichte lebt davon, dass sie nicht perfekt ist. Und genau das macht sie so wertvoll. Ich fand den ersten Band gut, wirkte aber an der ein oder anderen Stelle etwas gehetzt, der zweite Band drückt da auf die Bremse und untermauert die Geschichte mit spannenden Rückblenden. Ito Kira gelingt das Kunststück, schwierige Themen wie häusliche Gewalt, Homophobie und seelische Isolation mit Sensibilität und Respekt zu behandeln. Dabei verliert die Geschichte nie ihren Fokus auf das Menschliche. Ainosuke und Karen sind keine Helden, sondern zwei Jugendliche, die versuchen, ihren Weg zu finden. Gerade das macht sie so greifbar. Idol Escape 2 ist ein Manga, der bleibt nicht, weil er laut schreit, sondern weil er zuhört. Er ist wie ein Lied, das nicht sofort ins Ohr geht, aber nachhallt. Wer sich auf die Geschichte einlässt, wird nicht mit einem klassischen Happy End belohnt, sondern mit etwas viel Wertvollerem: Hoffnung. Die Optik hier finde ich durchweg sehr ansprechend und beide Bände ergeben auch vom Cover her ein gesamtes Bild. Insgesamt hat man hier zwei Bände, die in meinen Augen gut unterhalten und die ich weiterempfehlen kann.

Vielen Dank an den Carlsen Verlag für die Bereitstellung des Rezensionsexemplars. 

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