The Sacrificers 1
In Tomorrow, einer perfekten Utopie, opfern die Bewohner jährlich ein Kind für den Frieden. Doch als ein Sohn und eine Tochter sich verbünden, droht das Paradies zu zerbrechen.
Im Splitter Verlag ist nun der erste Band von The Sacrificers erschienen, ein düsterer Comic, der Science-Fiction mit Fantasy verbindet und uns in eine Zukunft entführt, in der das perfekte Paradies seine dunklen Geheimnisse verbirgt. Rick Remender, bekannt für Werke wie Black Science und Deadly Class, nimmt uns in diesem Band mit auf eine Reise in die utopische Welt von Tomorrow. Zusammen mit Max Fiumara, dessen Zeichnungen bei Black Hammer und Lucifer schon zu großen Lobeshymnen führten, erschafft er eine Geschichte, die von Glauben, Macht und dem Preis der perfekten Gesellschaft handelt. Doch wie gut gelingt dieser Auftakt? Ich habe mir mal den ersten Band genauer angeschaut.
Eine utopische Welt mit einem dunklen Geheimnis
Die Welt von Tomorrow erscheint auf den ersten Blick wie ein Paradies. Die Gesellschaft wird von fünf allmächtigen Familien regiert, die mit ihren göttlichen Kräften die Balance und den Frieden aufrechterhalten. Es gibt weder Überfluss noch Mangel, weder Fluten noch Dürre die perfekte Harmonie. Doch dieser Schein trügt, denn die Bewohner von Tomorrow müssen jedes Jahr ein Kind opfern, um den Frieden zu wahren. Der Preis für das Wohlwollen der Familien ist hoch, und das Opfer ist die einzige Garantie für das Fortbestehen der Gesellschaft. Dabei sieht man schon einen gewissen Missstand und auch, dass was das Opfer mit den Familien macht.
Dieser düstere Kern einer scheinbar perfekten Welt schafft sofort ein Gefühl der Beklemmung und weckt das Interesse, mehr über das wahre Gesicht dieser Gesellschaft zu erfahren. Remender gelingt es, von Anfang an die Paradoxie der Situation zu etablieren: ein vermeintliches Utopia, das sich auf einem fundamentalen Opferritus stützt.
Zwei Außenseiter im Zentrum der Erzählung
Im Zentrum der Geschichte stehen zwei junge Protagonisten, die unterschiedlicher kaum sein könnten: Ein Sohn, der das einzig Wertvolle, das er besitzt sein Leben opfern muss, und eine Tochter, die das Einzige verlangt, was ihr verweigert wird: Freiheit. Die beiden Außenseiter könnten unterschiedlicher nicht sein, der Sohn eines Bauern, der in allem Misstrauen sieht und die Töchter von Göttern. Wie ihre Geschichte weitergeht ist ein sehr spannendes Thema, denn die Machtverhältnisse werden Wanken.
Die Beziehung zwischen den beiden ist komplex und vielversprechend. Schon zu Beginn wird klar, dass sie nicht nur durch ihre individuelle Situation, sondern auch durch ein tiefes, gemeinsames Gefühl der Ungerechtigkeit miteinander verbunden sind. Dies bietet nicht nur Raum für spannende Konflikte, sondern auch für emotionale Entwicklung. Die Frage, wie weit sie bereit sind, für ihre Ideale zu gehen, wird im Verlauf des Comics spannend aufgeworfen.
Max Fiumara: Ein Meister der düsteren Bilder
Die Zeichnungen von Max Fiumara sind ein weiteres Highlight des Comics. Mit seinem einzigartigen Stil, der düstere, fast geisterhafte Szenen einfängt, und zugleich intime Momente detailliert darstellt, schafft er eine visuelle Welt, die die Atmosphäre von Tomorrow perfekt unterstreicht. Die Kontraste zwischen der opulenten, aber kühlen Architektur und der rauen Natur bilden einen faszinierenden Gegensatz, der die Spannung der Geschichte visuell verstärkt.
Die Farbkombinationen wirken oft gedeckt und bringen das kalte, unbarmherzige Klima dieser Welt wunderbar zur Geltung. Doch immer wieder blitzen auch Momente der Hoffnung und des Widerstands auf, was die visuelle Erzählweise noch packender macht. Uns wird immer wieder in die ständige Wechselwirkung zwischen Schönheit und Grauen hineingezogen.
Die Dynamik von Glauben und Macht
Ein zentrales Thema des Comics ist der Glaube, der in der Welt von Tomorrow nicht nur als religiöser Aspekt, sondern auch als Mittel zur Machtkontrolle dient. Die fünf mächtigen Familien agieren als gottähnliche Figuren, die über Leben und Tod entscheiden. Sie machen sich den Glauben der Bevölkerung zu eigen, indem sie das Opfer als heilige Pflicht darstellen und so ihre Positionen unantastbar machen.
Dieser Umgang mit Glauben und Macht ist nicht nur in der Geschichte faszinierend, sondern auch eine kritische Reflexion unserer eigenen Gesellschaft. Remender zeigt auf subtile Weise, wie gefährlich es ist, Macht und Religion miteinander zu vermischen und wie der Preis für Frieden und Wohlstand den moralischen Kompass der Gesellschaft auf die Probe stellt.
Was mir ebenfalls sehr gut gefällt ist, dass die Götter eigentlich sterbliche sind und durch die Opfergaben haben sie eine ganz spezielle Richtung eingeschlagen. Von meiner Seite aus bin ich gespannt wie es mit den Göttern an für sich weitergeht, zugleich aber auch was wir noch so über die Opferungen erfahren.
Die düstere Atmosphäre und der Aufbau der Geschichte
Der Comic lässt sich nicht in klassischen Heldenreise-Mustern fassen. Stattdessen baut Remender die Erzählung langsam und bedacht auf. Man merkt, dass die Geschichte viele offene Fragen lässt, die im Verlauf der weiteren Bände beantwortet werden sollen. Es ist der langsame Aufbau der Spannung, der uns fesselt. Die Welt von Tomorrow bleibt auch am Ende des ersten Bands rätselhaft, was das Interesse aufrecht erhält, ohne dass zu viele Antworten geliefert werden.
Die langsame Entwicklung der Protagonisten und ihrer Konflikte ist dabei ein großer Pluspunkt. Zwar gibt es bereits einige aufregende Wendungen, aber die wahre Revolution scheint erst am Horizont zu stehen. Der Comic lockt also mit einer Mischung aus großen, epischen Fragen und einer menschlichen, emotionalen Geschichte.
Fazit: Ein gelungener Auftakt mit viel Potenzial
The Sacrificers 1 ist ein starker Auftakt in eine vielversprechende Reihe. Remender und Fiumara liefern eine Geschichte, die sowohl von ihrer Welt und den philosophischen Fragestellungen lebt, als auch von den tiefgehenden, emotionalen Konflikten der Charaktere. Was den Comic besonders auszeichnet, ist die Tiefe, mit der die Themen von Macht, Glaube und Opfer behandelt werden. Es ist eine Geschichte, die sich nicht mit einfachen Antworten begnügt und die keine Scheu hat, auch dunkle Wege zu gehen. Trotz der Fülle an Ideen und Themen bleibt der erste Band relativ ruhig in seiner Erzählweise. Das macht ihn etwas langsamer, aber auch präzise und durchdacht. Wer sich jedoch auf diese Erzählweise einlässt, wird mit einer Welt belohnt, die sowohl in ihrer Ästhetik als auch in ihrer Tiefe fesselt.
Abschließend lässt sich sagen, dass The Sacrificers 1 ein Comic ist, der sowohl Fans von düsteren Erzählungen als auch von eindrucksvollem Artwork begeistern dürfte. Der Band liefert eine gute Grundlage für eine vielversprechende Serie, und es bleibt spannend zu sehen, wie die Geschichte weitergeht. Gerade wenn wir uns die unterschiedlichen Bausteine der Geschichte anschauen, muss ich sagen freue ich mich sehr darauf zu sehen was Remember sich noch so einfallen lässt.
Vielen Dank an den Splitter Verlag für die Bereitstellung des Rezensionsexemplars.
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