Wer hat mein Pferd Vergewaltigt?
Nancy muss von ihrem Zimmer mit ansehen, wie ein Unhold ihr geliebtes Pferd schändet. Nun setzt sie Himmel und Hölle in Bewegung und geht buchstäblich über Leichen, um den Finsterling ausfindig zu machen, der Jeremiah das angetan hat.
Wenn du glaubst, einen halbwegs normalen Sinn für Humor zu haben, kannst du hier direkt aufhören zu lesen. Für alle anderen gilt: Vorsicht. Was jetzt folgt, ist alles andere als gewöhnlich es ist exzessiv, derb, moralisch fragwürdig, politisch unkorrekt und äußerst blutig. Im Mittelpunkt steht die junge Nancy und ihr Pferd Jeremiah, das auf grausame Weise zum Opfer wird. Eines Nachts beobachtet Nancy von ihrem Zimmer aus, wie ein Fremder dem Tier etwas Schreckliches antut. Doch wer steckt dahinter? Könnte es ihr Großvater sein, ein Vietnam-Veteran und Fitnessfanatiker? Oder vielleicht Hakenhand-Harry, der das Pferd erst kürzlich bewundert hat? Dr. Dinner, der Zahnarzt und neue Freund ihrer Mutter? Oder doch jemand ganz anderes? Nancy jedenfalls ist fest entschlossen, den Täter zu entlarven und zur Strecke zu bringen…
Einstieg in eine groteske Welt
Johnny Ryans Wer hat mein Pferd vergewaltigt? ist alles, nur nicht konventionell. Wer sich mit Ryans bisherigen Werken auskennt, weiß, dass er gerne an Grenzen geht und diese hier mit Karacho sprengt. Der Titel allein lässt bereits erahnen, was kommt: eine Reise durch eine groteske, überzeichnete und absolut unkorrekte Geschichte, die jeden Funken Anstand mit Genuss in den Müll wirft. Doch bevor der moralische Kompass verrückt spielt, sollte man eines wissen: Dieser Comic ist kein Werk für zarte Gemüter.
Die Story: Ein Mix aus Rache, Wahnsinn und Absurdität
Im Zentrum der Geschichte steht Nancy, ein junges Mädchen, das mit eigenen Augen miterlebt, wie ein Fremder ihr Pferd Jeremiah misshandelt. Von da an kennt sie nur noch ein Ziel: den Schuldigen zu finden und zur Rechenschaft zu ziehen. Klingt nach einer düsteren Rachegeschichte? Ja, aber nicht so, wie man es erwarten würde. Ryan macht aus der ohnehin bizarren Prämisse ein Feuerwerk aus überzogener Gewalt, vulgärem Humor und surrealem Wahnsinn. Verdächtige gibt es viele, vom zynischen Großvater bis zum schleimigen Zahnarzt.
Doch was nach einem Whodunit klingt, wird schnell zu einer abgedrehten Eskalation, die keine Grenzen kennt.
Charaktere: Jenseits von Gut und Böse
Ryans Figuren sind keine Helden, keine Antihelden sie sind karikaturhafte Monstrositäten. Nancy selbst ist dabei noch die Normalste, wenn man so will, doch ihre Skrupellosigkeit und ihr völliges Abgleiten in Gewalt lassen selbst sie zur moralisch fragwürdigen Protagonistin werden. Der Großvater, ein Vietnam-Veteran mit Fitness-Wahn, oder der schräge Zahnarzt Dr. Dinner sind absichtlich groteske Stereo-typen, die perfekt in Ryans absurdes Universum passen. Es gibt niemanden, mit dem man sich identifizieren könnteund das ist genau der Punkt.
Der Stil: Roh, dreckig und perfekt
Optisch bleibt Johnny Ryan seiner Linie treu. Seine Zeichnungen sind simpel, beinahe roh und haben etwas von Underground-Comics der 80er Jahre. Doch gerade diese Ästhetik passt perfekt zu den respektlosen und oft verstorenden Inhalten. Die klare Linienführung, die fast schon naive Darstellung der Charaktere und die übertriebenen Details in Gewaltszenen schaffen eine Atmosphäre, die gleichermaßen abstoßend und faszinierend ist.
Humor: Ein schwarzes Loch
Der Humor in Wer hat mein Pferd vergewaltigt? ist nichts für schwache Nerven. Er ist vulgär, geschmacklos und provozierend genau das, was Ryans Fans erwarten. Doch bei aller Derbheit ist der Comic auch eine bitterböse Satire. Ryan spielt mit gesellschaftlichen Tabus und macht sich über Themen lustig, die normalerweise unantastbar scheinen. Ob man das lustig findet, hängt stark vom persönlichen Humor ab. Wer schwarzen Humor liebt, könnte hier auf seine Kosten kommen alle anderen werden entsetzt den Kopf schütteln.
Gewalt und Tabubruch:
Über die Schmerzgrenze hinaus
Johnny Ryan ist bekannt dafür, dass er keine Grenzen kennt, und dieser Comic ist keine Ausnahme. Gewalt wird hier nicht nur gezeigt, sondern regelrecht zelebriert. Blut spritzt, Leichen stapeln sich, und moralische Hemmungen existieren schlicht nicht. Der Comic ist in seiner Darstellung so uberzogen, dass er fast schon eine parodistische Note bekommt. Doch genau das macht ihn auch so kontrovers.
Tiefgang oder reiner
Schockfaktor?
Die Frage, ob Ryans Werk mehr ist als nur ein Schockmittel, ist nicht leicht zu beantworten. Auf den ersten Blick wirkt der Comic wie eine Aneinanderreihung von Provokationen. Doch unter der Oberfläche steckt eine bitterböse Gesellschaftskritik, die vor allem den moralischen Zerfall und die Abgründe der Menschheit ins Visier nimmt. Wer bereit ist, sich auf den absurden Wahnsinn einzulassen, wird möglicherweise subtile Botschaften entdecken oder zumindest eine Art zynische Reflexion über menschliche Abgründe.
Für wen ist dieser Comic geeignet?
Ganz ehrlich? Für ein sehr spezifisches Publikum. Wer Johnny Ryans Werke kennt und liebt, wird begeistert sein.
Wer sich an schwarzem Humor, gesellschaftlicher Satire und übertriebener Gewalt erfreuen kann, sollte einen Blick riskieren. Alle anderen sollten einen großen Bogen um dieses Werk machen
und schon beim Titel wissen, dass sie hier falsch sind. Dieser Comic ist nichts für Mainstream-Leser, sondern ein gnadenloser Angriff auf guten Geschmack und gesellschaftliche Konventionen.
Johnny Ryans Wer hat mein Pferd vergew.ltigt? ist ein Comic, der mit brachialem Humor und schockierenden Bildern in eine groteske Welt voller Absurditäten entführt. Schon der Titel lässt keinen Zweifel daran, dass hier kein Raum für Zurückhaltung oder Konventionen bleibt. Wer den Comic zur Hand nimmt, sollte sich auf eine Erfahrung gefasst machen, die gleichermaßen abstoßend und faszinierend ist. Das Werk bewegt sich jenseits des Mainstreams und fordert uns dazu heraus, ihre moralischen Grenzen auszutesten oder sie gleich komplett zu vergessen. Die Geschichte rund um die junge Nancy, die den brutalen Missbrauch ihres Pferdes Jeremiah miterlebt und sich auf einen gnadenlosen Rachefeldzug begibt, könnte auf den ersten Blick wie eine düstere, klassische Who-dunit-Story wirken. Doch Ryan macht schnell klar, dass er hier nicht einfach eine Rachegeschichte erzählen will. Stattdessen taucht er kopfüber in eine Welt ein, die von grotesken Figuren, absurden Wendungen und maßlos übertriebener Gewalt geprägt ist. Visuell ist der Comic ebenso radikal wie inhaltlich. Ryans Zeichenstil ist bewusst roh und erinnert an den Underground-Charme der 80er Jahre. Insgesamt ein Werk, dass mich unterhalten hat, aber auch klar sagen muss, dass auf die Art von Titel schon Lust haben muss.
Vielen Dank an den Skinless Crow Verlag für die Bereitstellung des Rezensionsexemplars.
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