Pendragon 1  Das verlorene Schwert

Die Götter scheinen Alba nach dem Ende der römischen Besatzung verlassen zu haben. Unaufhörliche Kriege zwischen den sieben Königreichen erschöpfen die Menschen, alte Riten drohen zu verblassen. Doch Zauberer Merlin schmiedet einen Plan: Ein starker Anführer soll die Reiche vereinen und Frieden bringen. Seine Wahl fällt auf den fähigen, aber ambitionslosen  Artus Pendragon.

Eine neue Ära der Artussage Pendragon 1 Das verlorene Schwert aus dem Splitter Verlag

Die Legende von König Artus ist ein immergrünes Thema, das seit Jahrhunderten Künstler und Geschichtenerzähler inspiriert. Mit Pendragon 1 Das verlorene Schwert wagt sich das kreative Duo Jérôme Le Gris und Benoît Dellac an eine Neuinterpretation dieses Mythos und zwar in einem düsteren, historisch angehauchten Fantasy-Gewand. Der Auftaktband dieser Tetralogie legt den Grundstein für eine Geschichte, die gleichermaßen vertraut und erfrischend anders wirkt.

Eine zerbrochene Welt im Schatten der Vergangenheit

Das Setting von Pendragon ist eine Welt im Chaos. Nach dem Rückzug der Römer versinken die sieben Königreiche von Alba in einem Strudel aus Krieg und Zerstörung. Die Götter, die einst verehrt wurden, scheinen ihre Schützlinge verlassen zu haben, und die alten Rituale geraten in Vergessenheit. Dieses dunkle, verzweifelte Szenario bildet die perfekte Bühne für eine Geschichte, die von Macht, Verrat und Erlösung handelt.

Schon früh wird deutlich, dass dies keine romantisierte Version der Artussage ist. Stattdessen bettet Le Gris die Legende in ein brutales, beinahe nihilistisches Umfeld ein, das von Verlust und Hoffnungslosigkeit geprägt ist. Dieser Ansatz verleiht der Erzählung eine moderne, realistische Note und gibt der altbekannten Geschichte eine frische Dynamik.

Merlins Plan: Ein neuer Hoffnungsträger

Im Zentrum der Handlung steht Merlin, der Zauberer, der in Pendragon weniger als mystischer Magier, sondern vielmehr als verschlagener Stratege dargestellt wird. Sein Ziel ist klar: Ein starker Anführer muss die zersplitterten Königreiche vereinen und Frieden bringen. Mit Artus Pendragon fällt seine Wahl auf einen kampferprobten, aber wenig ambitionierten Kriegshäuptling. Der Twist? Artus ist alles andere als der geborene Held. Er ist zynisch, zweifelnd und von seiner Rolle als Auserwählter wenig begeistert.

Diese Interpretation von Artus ist ein spannender Kontrast zu den heldenhaften Darstellungen, die wir aus früheren Adaptionen kennen. Seine Reise von einem widerwilligen Krieger zu einem möglichen Retter des Landes verspricht interessante Konflikte und charakterliche Tiefe.

Ein legendäres Schwert und die Frage nach Würde

Wie der Titel andeutet, spielt das Schwert Excalibur hier als Calibur bezeichnet, eine zentrale Rolle in der Geschichte. Doch anstatt einfach in einer Höhle auf seine Entdeckung zu warten, ist Calibur in dieser Version ein mythisches Artefakt, das erst erkämpft werden muss. Diese Neuerzählung verleiht der Sage zusätzliche Spannung und hebt die Bedeutung von Artus’ Entwicklung hervor: Wird er sich des Schwertes und der damit verbundenen Verantwortung als würdig erweisen?

Le Gris gelingt es, Calibur nicht nur als Waffe, sondern auch als Symbol für Macht und Führungsstärke zu inszenieren. Dies verstärkt die thematische Tiefe des Comics, der sich weniger auf epische Schlachten als auf innere und äußere Kämpfe konzentriert.

Das Artwork: Ein visueller Genuss

Benoît Dellacs Zeichnungen sind schlichtweg atemberaubend. Seine detailreichen Panels erwecken das raue, düstere Alba zum Leben und tauchen die Leser:innen in eine Welt, die sowohl realistisch als auch fantastisch wirkt. Besonders beeindruckend sind die Landschaften, die mit nebligen Hügeln, dichten Wäldern und zerstörten Dörfern die trostlose Atmosphäre perfekt einfangen.

Die Charakterdesigns sind ebenfalls hervorragend. Artus wirkt wie ein Mann, der mehr Kämpfe hinter sich hat, als er zählen kann, während Merlin eine geheimnisvolle Mischung aus Weisheit und Hinterlist ausstrahlt. Dellacs Gespür für Mimik und Körpersprache verleiht den Figuren eine greifbare Präsenz, die den Leser:innen erlaubt, sich emotional mit ihnen zu verbinden.

Eine düstere Neuinterpretation

Was Pendragon 1: Das verlorene Schwert von anderen Artus-Adaptionen unterscheidet, ist sein düsterer Ton und sein realistischer Ansatz. Jérôme Le Gris entfernt sich von der höfischen Romantik und dem Glanz der Ritter der Tafelrunde und erzählt stattdessen eine Geschichte, die sich anfühlt, als könnte sie tatsächlich in einer brutalen Nach-Römer-Zeit gespielt haben. Diese Bodenständigkeit wird durch subtile Fantasy-Elemente ergänzt, die niemals die Oberhand gewinnen, sondern die Handlung bereichern.

Kritik: Ein vielversprechender Auftakt

Natürlich ist dieser erste Band in erster Linie eine Einführung. Es werden viele Fragen aufgeworfen, doch nur wenige beantwortet. Das Tempo ist stellenweise gemächlich, da Le Gris viel Zeit darauf verwendet, die Welt und die Figuren zu etablieren. Für Fans actiongeladener Erzählungen könnte dies etwas langatmig wirken. Doch die langsame Erzählweise erlaubt es, die Charaktere besser kennenzulernen, was in den kommenden Bänden zweifellos Früchte tragen wird.

Ein weiterer Kritikpunkt könnte die Vertrautheit des Grundgerüsts sein. Trotz der frischen Interpretation bleibt Pendragon natürlich eine Artus-Geschichte, und einige Tropen und Wendungen lassen sich erahnen. Dennoch macht die Qualität von Le Gris’ und Dellacs Arbeit diese Vorhersehbarkeit wett.

Obwohl der Band vor allem als Einführung dient, macht er Lust auf mehr. Die sorgfältige Charakterentwicklung, die düstere Atmosphäre und die spannenden Ansätze deuten darauf hin, dass die kommenden Bände das Potenzial haben, die Erwartungen noch zu übertreffen. Wer auf der Suche nach einer frischen, anspruchsvollen Interpretation der Artussage ist, sollte sich Pendragon auf keinen Fall entgehen lassen.

Ein fulminanter Auftakt für alte Legenden in neuem Gewand

Mit Pendragon 1: Das verlorene Schwert legt der Splitter Verlag den ersten Stein für eine düstere Neuinterpretation der Artussage, die alte Mythen aufgreift und in ein erfrischendes Licht taucht. Jérôme Le Gris und Benoît Dellac haben es geschafft, eine vertraute Geschichte in eine Welt zu setzen, die ebenso fesselnd wie trostlos wirkt.

Besonders herausragend ist die Neuinterpretation von Merlin. Statt eines reinen Magiers präsentiert ihn Le Gris als strategischen Drahtzieher, der genau weiß, dass ein Wandel notwendig ist und dass dieser Wandel nur mit einem geeigneten Anführer möglich ist. Merlin wählt Artus Pendragon, einen Mann, der zunächst alles andere als heldenhaft erscheint. Diese Entscheidung und Artus’ innerer Konflikt, sich seiner Rolle zu stellen, beziehungsweise sie anzunehmen, bilden das Herzstück des Comics und verleihen der Geschichte eine greifbare Menschlichkeit. Artus selbst hebt sich stark von den traditionellen Darstellungen ab. Er ist nicht der strahlende Held, sondern ein Mann, der durch seine Zweifel und seine Vergangenheit gezeichnet ist. Auch visuell beeindruckt der Comic auf ganzer Linie. Benoît Dellacs Zeichnungen fangen die düstere Atmosphäre Albas perfekt ein. Neblige Landschaften, zerstörte Dörfer und die erschöpfte Gestik der Charaktere transportieren die Hoffnungslosigkeit der Welt und machen sie lebendig. Am Ende ist Pendragon 1: Das verlorene Schwert ein Auftakt, der Lust auf mehr macht.

Vielen Dank an den Splitter Verlag für die Bereitstellung des Rezensionsexemplars. 

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